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: Die WM-Auslosung, im Lichte der Bundesliga betrachtet

Qualitative Abkoppelung

Jürgen Klinsmann bekam sich gar nicht mehr ein. Saudi-Arabien, Irland, Kamerun. Wow! Gegner sind das in Gruppe E! „Ein Schweineglück“, gackerte der Altinternationale, nahe dem Lachkrampf. Hurra, da war sie wieder, diese Überheblichkeit. Hatte man schon ein bisserl vermisst nach den Pleiten der EM 2000 und WM 1998. 41 Prozent, so die schnell anberaumte ZDF-Umfrage, glauben an einen deutschen Weltmeister. Hurra, wir sind wieder wer, trällerten alle nach der Auslosung.

Nur: An was soll sich das eigentlich festmachen lassen? An der qualvollen Qualifikation bestimmt nicht. Bleibt nur die Liga, welche die stärkste der Welt sein soll. Gut. Das Problem ist nur, dass das Vertrauen in die zweifellos vorhandene Stärke der Bundesliga nicht weiter hilft.

Tatsächlich ist es so, dass die nationale Liga zwar nicht Europas beste, aber immerhin eine gute Liga ist – nahe dran an Primera División, Premier League und Serie A. Das heißt, dass man in hiesigen Stadien zwar keine Figos oder Zidanes bestaunen kann – immerhin aber Rosickys oder Elbers.

Anders ausgedrückt: Die Qualität der Liga hat sich von der „Qualität“ der Nationalmannschaft abgekoppelt. Unfreiwillig hat Matthias Sammer das am 15. Spieltag auf den Punkt gebracht: „Beim 2 : 0 nach 45 Minuten schon ein Tänzchen zu machen, das ist nicht meine Mentalität“, zürnte Dortmunds Trainer. Das Dilemma ist: Kein Tänzchen hätte keine Tore der Brasilianer Amoroso und Ewerthon und keine drei Punkte bedeutet. Aber gehörig Langeweile stattdessen. Und wer will schon langweiligen Fußball sehen – ob im Stadien oder an den Apparaten.

Das ganze Gezeter um Ausländerbeschränkung erweist sich genau an diesem Punkt als ausgewiesener Quatsch. Die deutschen Kicker werden in der Gesamtschau nicht besser, wenn man die Liga schlechter macht. Und wohin derlei Beschränkungen führen würden, kann man neben der Linie betrachten: Auf den Trainerbänken dieser Liga sitzt (außer Kurt Jara) nur deutsches Personal – und die taktische Weiterentwicklung des Spiels hinkt relativ zur Qualität des Personals (mit Ausnahmen wie Leverkusen oder Freiburg) nicht ohne Grund hinterher. Dabei haben selbst die einstigen Taktik-Isolationisten in England erkannt, dass diese nur mit internationalem Wissenstransfer zu bewerkstelligen ist.

Übrigens, der 1. FC Köln lässt mittlerweile Rigobert Song die Defensivabteilung organisieren: ein Kameruner die Abwehr, des Deutschen ureigenstes Metier also, verstehen Sie? Um mit Klinsmann zu sprechen: Schon ein Schweinepech, die WM-Auslosung. THILO KNOTT