Schlappe für Kuomintang

Taiwans chinakritische Regierungspartei stellt nach Wahlen erstmals stärkste Fraktion im Parlament

TAIPEH afp ■ Bei den Parlamentswahlen in Taiwan hat die china-kritische Demokratische Fortschrittspartei (DPP) von Präsident Chen Shui-bian 87 von 225 Sitzen gewonnen. Die Nationale Volkspartei Kuomintang (KMT) errang 68 Mandate und verlor zum ersten Mal seit 52 Jahren ihre Mehrheit im Abgeordnetenhaus, so die Wahlkommission am Sonntag. Damit ist der seit Mai 2000 amtierende Chen künftig im Parlament nicht mehr auf die Unterstützung der KMT angewiesen. In Peking war das Ergebnis des Urnengangs mit Spannung erwartet worden.

Der Vorsitzende der DPP, Frank Shieh, bezeichnete den Wahlsieg als Bestätigung des Parteibeschlusses, wonach auf die Forderung nach einer sofortigen Unabhängigkeit Taiwans von China verzichtet werden sollte. Chen war nach seinem Wahlsieg im vergangenen Jahr zunächst von seiner Forderung nach Unabhängigkeit abgerückt und hatte selbst eine Wiedervereinigung Taiwans mit der Volksrepublik nicht ausgeschlossen. China betrachtet Taiwan als abtrünnige Provinz und droht mit einer Invasion, sollte die Insel ihre Unabhängigkeit offiziell ausrufen.

Unmittelbar nach Bekanntwerden der Wahlergebnisse begann die DPP mit der Bildung einer „Allianz für nationale Stabilität“. Über mögliche Koalitionspartner wurde nichts bekannt. Nach Meinung von Experten könnten einige KMT-Abgeordnete Interesse an einer formellen Zusammenarbeit mit der DPP im Parlament haben. Die aus der KMT hervorgegangene Partei „Das Volk zuerst“ (PPF) konnte ihre Präsenz im Parlament mit einem Zuwachs von 20 auf 46 Sitze mehr als verdoppeln. Eine weitere Splittergruppe der KMT, die Taiwanische Solidaritätsunion, kam auf 13 Sitze.

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