Deckel auf Berlin

Zu Besuch in der Hauptstadt: Rezzo Schlauch, Antje Vollmer und andere Terror-Töpfe

Wenn wir Provinzler schon mal in die Hauptstadt kommen, passieren uns die erstaunlichsten Dinge. Ich zum Beispiel habe Rezzo Schlauch am Reichstagufer auf der Straße getroffen. „Ach, der“, winken die urbanen Freunde ab, „den sehen wir andauernd. Der hat mindestens drei Doppelgänger! Die bezahlt er wahrscheinlich alle selbst.“ Sie beißen in ihr städtisches Croissant und fühlen sich überlegen. Aber ich kann kontern: Hinter ihm ging nämlich sein Assistent oder Adjutant oder Offiziersbursche, oder wie das heutzutage heißt. Und da es auf der Straße sehr laut war, brüllte er Rezzo Schlauch in enthusiastischer Lautstärke zu: „Wir haben doch noch Geld im Terror-Topf!“

Da schweigen die Freunde und lachen betreten darüber, dass sie solche Leute in ihrer Mitte dulden müssen. Wir in der Provinz haben Suppentöpfe und Nudeltöpfe, einige nennen sogar Spargeltöpfe ihr Eigen, aber Terror-Töpfe haben wir nicht. Gott sei Dank haben wir auch Rezzo Schlauch nicht, ich wüsste nicht, was ich täte, würde sich eine solche Parallelwelt auf unserem Heidedorf etablieren und ihr riesiges Risiko-Brettspiel von uns aus über die ganze Republik ausdehnen. Ich glaube, ich würde mich schämen. Ich würde mich ebenfalls schämen, das Brandenburger Tor mit einer monströsen Werbefahne der Telekom zu verhüllen. Wir Ländler sind eben hoffnunglos rückständig.

Schämen tue ich mich auch so, denn ich traf Antje Vollmer, und statt ihr eine richtig boshafte Bemerkung in ihren Terror-Topf zu werfen, vertrat ich ihr nur in der Tür den Weg, was sie nicht gewohnt war, so dass sie etwas stolpern musste, wofür es aber meinerseits wiederum keinen großen Mut brauchte, denn Antje Vollmer reicht mir allenfalls bis zur Taille. „Da“, dachte ich mir, „da können Sie sich jetzt mal fragen, Frau Vollmer, woran es wohl liegt, dass baumlange Provinztussen Ihnen in der Tür den Weg vertreten, anstatt Ihnen Ihren eigens gebuchten Bundestagspräsidentinnenvortritt zu lassen. Mag es wohl an der Politik Ihrer Partei liegen, Frau Vollmer? Oder haben Sie das falsche Parfüm benutzt? Sie haben genau zehn Sekunden Zeit, um zu überlegen, dann trete ich Ihnen auf den Fuß.“ Das hätte ich natürlich niemals getan, und nach zehn Sekunden war die moraläugige Vollmerin auch längst verschwunden. Ich wünschte mir nur, sie würde sich mit dieser Regierung genauso blöd vorkommen wie ich, aber ich glaube nicht, dass Wünschen in diesem Fall hilft.

Dann musste ich noch hören, wie sich ein Galerie-Betreiber öffentlich darüber freute, dass man in seinen Räumen vor kurzem so eine spektakuläre Ausstellung gehabt habe, bei der Asylbewerber in Pappkartons aufbewahrt wurden, und die hätten das wirklich gern gemacht, die Asylbewerber. Da stellte ich mir vor, wie ich in Nachbars Scheune ein paar Galeriebetreiber und Politiker in Pappkartons ausstelle. Und wer’s nicht gern macht, den koche ich mir in meinem Terror-Topf windelweich. Ungewürzt und im eigenen Sud, denn da gehören sie alle hin. Und auf Berlin muss schleunigst ein Deckel geschweißt werden, damit sie auf keinen Fall ausbrechen können. SUSANNE FISCHER