Gefühlte Sicherheit: 90 Prozent

■ Es geht aufwärts mit dem Viertel, sagen Innensenator und Ortsamtsleiter – Dank mehr Polizei, mehr Sauberkeit und deutlichen Mietpreissenkungen

Das Ostertor- und das Steintorviertel haben noch immer keinen guten Ruf. „Das Viertel“ ist verschrien als dreckig, gefährlich, zum Einkaufen immer uninteressanter. BewohnerInnen und Einzelhandel spüren das schon länger. Im Sommer, als auf einmal viele Läden gleichzeitig schlossen, ließ sich das Problem nicht länger hintan stellen. Um das Viertel attraktiver zu machen, arbeitet deshalb seit einem halben Jahr eine Arbeitsgruppe, die gestern der Presse erste Vorschläge für Verbesserungen vorstellte.

Die zentrale Botschaft der Arbeitsgruppe aus Polizei, Ortsamt, Handelskammer und diversen senatorischen Behörden: Vor allem das Sicherheitsgefühl muss im Viertel gestärkt werden – durch mehr Sauberkeit und Polizei auf der Straße. Auch soll attraktiver Einzelhandel und hochwertige Gastronomie verstärkt angeworben werden. Dabei seien die ersten Arbeitsergebnisse als „Mosaik der kleinen Schritte“ zu verstehen, so Innensenator Kuno Böse (CDU). Bereits jetzt seien zwei zusätzliche so genannte „Kontaktbereichsbeamten“ im Einsatz, „um das Viertel zu organisieren“.

Böse betonte aber auch, dass der Ruf nach dem Innenressort alleine zu kurz greife – wenn es beispielsweise um Drogen gehe. In der Drogenbekämpfung baue er auf das „Drei-Säulen-Modell“ aus Prävention, Repression und Hilfe. „Es gibt mittlerweile mehr Unterkünfte für Drogenabhängige“, betonte dazu der Landesdrogenbeauftragte Anton Bartling. Außerdem würden mehr Streetworker eingesetzt – und am Bahnhof habe das Tivolihochhaus nun „entlastende“ Wochenend-Öffnungszeiten.

Fürs Putzen erklärte sich der Umweltsenator zuständig. „Seit vergangenen Samstag macht eine weitere Kraft rund um den Sielwall von morgens bis abends zusätzlich sauber“, so Insa Nanninga vom Ressort. Die Ansage: „Ekelmüll wegräumen.“ Der Quartierservice, ein ABM-Projekt für die Viertel-Ordnung, werde dennoch nicht reduziert – sondern nur auf andere Straßen konzentriert.

Zur Ansiedlung von attraktiven Läden und Restaurants gibt es vor allem eine Hoffnung: Vermieter sollen – wie teilweise bereits geschehen – die Mieten der gesunkenen Nachfrage anpassen. Dadurch wird Leerstand vermieden, der nämlich nicht durch die Neuansiedlung weiterer Restaurants und Kneipen alleine verhindert werden kann. Erneut wird betont: Hier solle es es um gutes Essen in gepflegter Atmosphäre gehen. Die anstehende Änderung des Bebauungsplans fürs Steintor werde kein Freifahrtschein dafür, „dass wieder in jedem Haus ein Imbiss aufmachen kann“.

Für die aktuelle Situation im Steintorviertel fand Ortsamtsleiter Bücking klare Worte: „Es ist absolut unangemssen zu sagen ,Da geht die Welt unter'“. Ganz im Gegenteil hätten sich gerade rund um die Sielwallkreuzung mehrere Läden neu angesiedelt: Ein Inneneinrichter, ein Frisör, ein Telefonladen und ein Stehcafé. Der Geschäftsinhaberin des Modehauses Rehme direkt auf dem Sielwalleck (die taz berichtete) weine er zwar eine Träne nach. Aber der Verkauf der Liegenschaft habe auch sein Gutes. „Schließlich nimmt niemand richtig Geld in die Hand, um einen Laden zu kaufen, wenn er nicht an seinen Erfolg glaubt.“ Grundsätzlich entwickele sich das Steintor nach einer „harten Zeit“ im Sommer etzt positiv.

Das sehen auch die BewohnerInnen von Ostertor und Steintor so. Bei einer Diskussionsveranstaltung letzte Woche in der Handelskammer waren die knapp 50 geladenen Geschäftsleute aus dem Viertel mit dem ihnen vorgestellten Maßnahmenbündel zufrieden. Und für die ViertelbewohnerInnen äußerte eine Frau: „Mittlerweile fühlen sich die Menschen im Viertel wieder zu 90 Prozent sicher.“

Ulrike Bendrat