Trauriges Knuspern

Postrock-Electronica mit Hip Hop, trister Gitarrenmatsch und schwarze Romantik: Heute Abend machen Hood im Bastard die Freunde der gepflegten Depression glücklich

Da wo der Ursprung von Hood liegt, im finstersten Norden Englands, in Wetherby, West Yorkshire, einer Ruine der Industrialisierung, da muss man ja schlecht draufkommen. Als sich das Brüderpaar Chris und Richard Adams daran machte, Mitte der Neunziger eine Band zu gründen, stand von Anfang an fest, dass diese für Gutelaune-Musik nicht zuständig sein würde, dafür erschien ihnen alles um sie herum viel zu deprimierend. Die ersten Gehversuche von Hood waren dann auch dementsprechend niederschlagender Gitarrenmatsch.

Seltsamerweise kam diese Musik dennoch ganz gut an. Das frühe Zeugs von Hood erschien zwar auf lauter obskuren Labels und oft auf wild verstreuten Singles, doch bei den Freunden gepflegter Depressionen kamen die Sachen dann doch immer wieder an. Zugänglicher wurden Hood dann mit dem Wechsel zu einer renommierten Independent-Plattenfirma. Für diese nahm man zwei Platten auf, die unter Postrock rubrifiziert wurden, die Gitaren traten etwas in den Hintergrund, dafür wurden erste Bewegungen in Richtung Electronica unternommen. Man ließ sich von Matt Elliot produzieren, der sich als Third Eye Foundationen einen sehr guten Ruf als Kryptomane erspielt hatte und berief sich musikalisch auf die Prä-New-Wave-Band This Heat.

Ein okayes Leben als gute und stets unterbewertete Randerscheinungs-Band schien also vorprogrammiert, und wäre „Cold House“, das neueste Werk von Hood, eine nette Postrockplatte geworden, gut genug für eine Nebenbemerkung in Musikfachblättern, hätte das niemanden groß verwundert. Doch erstaunlicherweise ist „Cold House“ eine geradezu großartige Platte, fast schon visionär und kategorisierbar gleich überhaupt nicht. Von der Rockvergangenheit ist nicht mehr viel übrig geblieben, gerade noch so viel, um mit Gitarre, Schlagzeug, Bass eine tragfähige Basis für schwarze Romantik und Melancholie hinzubekommen. Doch das meiste ist schönes Knsispern und Knuspern.

Dazu wird richtig wehmütig gesungen, dass die Jungs von Hood immer noch nicht auf Partys wegen ihren Qualitäten als Stimmungskanonen eingeladen werden, hört man in jedem Moment. Alles in allem klingen Hood heute Notwist und deren Post-Post-Rock nicht unähnlich. Doch man hat sich sogar noch einen weiteren Dreh einfallen lassen. So hat man festgestellt, dass in einem der Paralleluniversen der Popmusik in letzter Zeit eine Annäherung zwischen Electronica und HipHop statt findet. Die Westcoast-Combo Anticon stellten sich als Freunde der Musik Hoods heraus und waren bereit, ein wenig für diese zu rappen. Postrock-Electronica mit HipHop, das wird langsam kompliziert, genau richtig also.

ANDREAS HARTMANN

Heute ab 22 Uhr im Bastard im Prater, Kastanienallee 7–9, Prenzlauer Berg