■ Zum Kommentar von Philipp Gessler
: Flughafen Schönefeld

betr.: „Not in my backyard“, taz vom 26. 11. 01

Wie bereits das Oberverwaltungsgericht festgestellt hat, wurden durch die Flughafenholding bzw. ihre Gesellschafter mit der Festlegung auf den Standort Schönefeld die Rechte der betroffenen Bürger und Umlandgemeinden einfach ignoriert. Die bereits 1994 vorgenommene Standortabwägung im Rahmen eines Raumordnungsverfahrens mit Berücksichtigung der Auswirkungen auf Mensch und Tier, Natur und Umwelt, Flora und Fauna etc. brachte das eindeutige Ergebnis, dass der Standort Schönefeld als einziger aller untersuchten Standorte ungeeignet ist und Sperenberg zu den geeigneten Standorten zählt. Auch ist nach zwischenzeitlichen Untersuchungen der Standort Stendal als geeignet festgestellt worden. Dennoch wurde aus sachfremden Gründen ohne Interessenabwägung die Entscheidung für den Standort Schönefeld getroffen.

Wenn gegen einen ungeeigneten und für einen geeigneten Standort argumentiert wird, hat das mit verantwortungsvollem Handeln im Interesse der Menschheit zu tun, aber keineswegs mit Sankt Florian. [. . .] FRANK HOFMEISTER, Eichwalde

Erstens ist in den letzten 30 Jahren international nicht ein einziger Flughafen-Neuausbau genehmigt worden, der näher als 50 Kilometer von verdichteten Siedlungsgebieten liegt (Stockholm-Arlanda, Athen, Bologna, München).

Zweitens verpulvert Berlin-Brandenburg im Jahr 2002 wieder knapp 400 Millionen Euro und zeichnet Pläne für einen Flughafen, für den das 1994 abgeschlossene Standortsuchverfahren das Prädikat „ungeeignet“ vergab. Dieses Geld wird jetzt bei Kindergärten, Schulen, Universitäten (unserer Zukunft) eingespart. [. . .]

STEFAN KOSCHKE, Blankenfelde

Herr Gessler sollte mal über seinen Berliner Tellerrand gucken, wo moderne Städte neue Flughäfen planen und bauen, egal ob Paris, Athen, Kuala Lumpur, Phoenix, Schanghai . . . Immer weit vor den Toren der Stadt. Das garantiert maximale Sicherheit und gute Wirtschaftlichkeit durch einen durchgehenden 24-Stunden-Betrieb. Außerdem kann so ein bestmögliches Verhältnis des Modal Split für den öffentlichen Nahverkehr erreicht werden.

Katastrophen müssen in Schönefeld nicht herbeigeunkt werden. Es sind schon zu viele Menschen durch den Flugverkehr ums Leben gekommen. Es ist einfach ein Unterschied, ob in Schönefeld über 200.000 Menschen den Auswirkungen ausgesetzt sind oder 3.000 in Stendal.

Der BVBB setzt sich ausdrücklich dafür ein, die dortige Planung für die Betroffenen so schonend wie möglich, eventuell durch Umsiedlung, zu lösen. Es bleibt mir ein Rätsel, wieso sich die taz bei dieser Problematik in die Reihen der Hofberichterstatter einreiht, wo sie sonst doch konsequent für moderne Verkehrslösungen steht. [. . .] ASTRID BOTHE, Bohnsdorf

Ich meine schon, wenn der Flugverkehr von 2 Millionen derzeit in Schönefeld auf geplante 30 Millionen ausgeweitet wird, dass man als Bürger sagt: Also hier mal Stopp – in so dicht besiedeltem Gebiet wie um Schönefeld darf man das nicht machen.

Dass man darüber hinaus noch der Meinung sein kann, dass der Flugverkehr nicht ausgedehnt werden sollte, kommt hinzu. Die Klimagefährdung durch Flugverkehr legt eher nahe, dass man die Subventionen für diese Sparte kappt. [. . .]

MARKO FERST, Gosen

Auch wir wollen einen Flughafen, der schön groß ist und 24 Stunden am Tag angeflogen werden kann. Dass hier irgendwann Arbeitsplätze entstehen, wissen und wollen wir auch. Dass Tegel und Tempelhof geschlossen werden müssen, ist doch völlig klar. Dass man aber jetzt ein derart überteuertes Monstrum wieder in einem dicht besiedelten Gebiet bauen will, ist nur einer der vielen Skandale.

[. . .] Wir sind der Meinung, dass alles getan werden muss, um den Anteil betroffener und gefährdeter Bürger auf das absolute Minimum zu beschränken. DIETMAR ASTFALK, Diedersdorf

Erstens unterschlägt Herr Gessler, dass die Demonstration von mehreren tausend Menschen am vergangenen Samstag unter anderem gegen alle Flughäfen in dicht besiedeltem Gebiet gerichtet war, zweitens ist sein Versuch, die Katastrophengefahr im Nahbereich von Verkehrsflughäfen zu verniedlichen, unsachlich und besonders vor dem Hintergrund der tragischen Unfälle in letzter Zeit ausgesprochen zynisch.

Der geistvolle Ratschlag, diejenigen, die mit dem Großflughafen ein Problem haben, mögen doch bitte schön umsiedeln, verkennt, dass die meisten Menschen wohl längst umgesiedelt wären, aber die wenigsten können sich das leisten! Die Vorhabensträger wollen die Umsiedlung nämlich nur in dem Bereich bezahlen, der unmittelbar überbaut wird. Die übrigen 200.000 Menschen, die rund um Schönefeld leben, sollen hingegen selbst zusehen, wo sie bleiben.

Eine Forderung, die auch von der Bundesvereinigung gegen Fluglärm – BVF (keine BI!) seit langem gestellt wird, lautet, die Menschen aus den Ein- und Abflugschneisen von Flughäfen sozialverträglich (zum Beispiel auf Kosten der Flughafenbetreiber) abzusiedeln.

Es liegt auf der Hand, dass bei der Neuplanung eines Großflughafens die Standortwahl in einem weniger dicht besiedeltem Gebiet die Umsetzung dieser Forderung erleichtern würde. Es ist also nicht nur das St.-Florians-Prinzip, das für einen stadtfernen Standort spricht. Ganz nebenbei würde dies auch die unter Umweltaspekten besonders unsinnigen Kurzflüge unattraktiv machen und den Anteil des Individualverkehrs zum Flughafen verringern. ARNE WOLFART,

Bundesvereinigung gegen Fluglärm

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