„Das war eine Machtfrage“

Der FDP-Landeschef Günter Rexrodt wollte nicht über die Steuerhürde der SPD springen. Denn wer einmal die Abgaben erhöhe, werde das in den kommenden Jahren wiederholen. Dies könne man Wirtschaft und Bürgern nicht zuzumuten

taz: Herr Rexrodt, sind die Verhandlungen zur Ampelkoalition an Bier- und Grundsteuer gescheitert?

Günter Rexrodt: Die Vorschläge von SPD und Grünen, Steuern zu erhöhen und neue Steuern einzuführen, wären ein verheerendes Signal für die Stadt gewesen. Darunter hätten insbesondere kleine und mittlere Unternehmen leiden müssen. Wir habe in den Verhandlungen enorm viel geschluckt, aber das konnten wir nicht zulassen.

Auf Druck der FDP waren sich die Ampelpartner schon einig bei Ausgabekürzungen von rund zwei Milliarden Mark im öffentlichen Dienst. Die neuen Abgaben hätten aber nur rund 200 Millionen Mark Einnahmen gebracht. Hätte das die FDP nicht hinnehmen können?

Eine Koalition mit Steuererhöhungen zu beginnen, die wie die Grund- und Getränkesteuer den kleinen Mann treffen, ist absolut verkehrt. In Zeiten der Rezession darf man die Bürger nicht weiter zur Kasse bitten. Wer einmal mit Steuererhöhungen anfängt, wird das die ganze Legislaturperiode über tun. Das ist aber der falsche Weg, um die Wirtschaftskraft Berlins zu stärken, was die Voraussetzung für eine Konsolidierung des Haushaltes wäre. Im Übrigen sind die 100 Millionen Euro, um die es es ging, zwar sehr viel für den Bürger. Aber gemessen an dem, was das Land an anderer Stelle durch Privatisierungen einnehmen kann, ist das nur eine Rundungsdifferenz. Die SPD wollte, dass die FDP über die Steuerhürde springt. Es handelte sich klar um eine Macht- und Prestigefrage. Das können wir nicht akzeptiern.

Dafür können Sie aber eine rot-rote Koalition nicht mehr verhindern.

Wir sind angetreten, um Rot-Rot zu verhindern. Wenn die SPD aber plötzlich mit Vorschlägen für Steuererhöhungen kommt, die sie in den Sondierungsgesprächen nie erwähnt hat, ist das unverantwortlich und nicht fair. Hätten wir das vor vier Wochen gewusst, hätten wir erst gar nicht verhandeln brauchen.

Wollte die SPD von Anfang viel lieber mit der PDS zusammengehen?

Ich hatte den Eindruck, dass Klaus Wowereit über weite Strecken ernsthaft über die Ampelkoalition verhandelt hat. Inwieweit die SPD in den letzten Tagen umgeschwenkt ist, müssen Sie die Genossen fragen.

Was haben Sie gemacht, nachdem Sie die Koalitionsgespräche in der Nacht zum Dienstag verlassen hatten?

Wir sind im Nikolaiviertel erst einmal ein Bier trinken gegangen. INTERVIEW: RICHARD ROTHER