Die unterlegenen Gewinner

Die PDS brüstet sich mit ihrer starken Position in den Koalitionsverhandlungen. Ein paar Argumente sprechen trotzdem für einen schnellen Abschluss zur vollen Zufriedenheit der Sozialdemokraten

von ANDREAS SPANNBAUER

Entgegen manchen Erwartungen wird die PDS den Kommunismus nicht wieder einführen. Sie wird nicht einmal besonders exzellent bei den heute beginnenden Koalitionsverhandlungen abschneiden.

Zwar sprechen führende PDS-Politiker gerne davon, dass sich ihre Verhandlungsposition nach dem Scheitern der SPD-Verhandlungen mit FDP und Grünen erheblich verbessert habe. Dies ist zunächst richtig: Eine Rückkehr in die Arme der CDU hat die SPD vor der Wahl ausgeschlossen. Bei einem Abbruch der Gespräche mit der PDS blieben den Sozialdemokraten als Alternative nur Neuwahlen. Also eine nicht zu überbietende Bankrotterklärung. Längst hat die SPD sich selbst zu einem rot-roten Bündnis verpflichtet.

Trotzdem müssen aber nicht nur die Sozialdemokraten, sondern auch die PDSler ein fundamentales Interesse am Zustandekommen einer Regierung haben. Für die Sozialisten steht in Berlin nicht weniger als die Beendigung ihrer mehr als zehnjährigen unfreiwilligen Isolation innerhalb des bundesdeutschen Parteiensystems auf dem Spiel. Eine Normalisierung ihrer Rolle in der Ost-West-Hauptstadt Berlin wird in Zukunft dazu führen, dass auch im Rest der Republik über Koalitionen mit der PDS nach den Kriterien der Gegenwart entschieden wird. Mit einer erfolgreichen Regierungsbeteiligung an der Spree wird es auch außerhalb Berlins mehr und mehr darauf ankommen, was die PDS als linke Partei zur Lösung der Gegenwartsprobleme anbieten kann. Weniger wird es interessieren, was die SED-Nachfolgepartei zur Aufarbeitung ihrer Vergangenheit zu sagen hat, mit der sie nur noch das Durchschnittsalter ihrer Basis verbindet. Pikanterweise ist es gerade ein kulturelles Relikt der SED-Vergangenheit, das der SPD die Verhandlungen mit der PDS erleichtern wird. Im Gegensatz zur politischen Kultur der Grünen, die sich durch eine radikale Basisdemokratie auszeichnet, legt die Nachfolgepartei der SED eine sehr viel größere Geschlossenheit an den Tag. Sehr zur Freude der SPD, die die Debattenfreudigkeit der Grünen oft als Hindernis für eine stringente Verhandlungsführung wahrnahm.

Der Kurs der PDS wird erkennbar von Spitzenpolitikern wie Harald Wolf bestimmt, die auch in der SPD für ihre Sachkenntnisse gepriesen werden. Fundamentalen Widerstand gegen die von der Parteispitze verordnete Linie einer konstruktiven Politik jenseits von moralischem Maximalismus sucht man vergebens. Diese realpolitische Orientierung ist auch der Garantie dafür, dass die PDS im Zweifelsfalle das Zustandekommen der Koalition höher bewerten wird als die Durchsetzung in Einzelfragen.Verglichen mit den Unterschieden zwischen den Ampelkoalitionären sind die Differenzen zwischen SPD und PDS ohnehin gering. Auch der PDS-Fraktionsvorsitzende und Finanzexperte Wolf sieht längst ein, dass im öffentlichen Dienst erheblich mehr als eine Milliarde Mark eingespart werden muss, wenn die Ausgaben des Landes strukturell gesenkt werden sollen. Auch die Privatisierung von Kindertagesstätten wird vom Landesvorsitzenden Stefan Liebich nicht kategorisch ausgeschlossen.

Die von der PDS fomulierten Voraussetzungen für einen erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen – eine sozial gerechte Haushaltskonsolidierung und das Vermeiden von Einsparungen bei Bildung, Wissenschaft und Kultur – dürfte in dieser Pauschalität zudem auch die SPD von Herzen gern unterschreiben. Nicht zuletzt deshalb könnte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit am Ende Recht behalten: „Die Position der SPD wird sich im Verhandlungsergebnis deutlich wiederfinden.“