dieser verdammte Krieg (51)
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Wiglaf Droste führt heute das Kriegstagebuch der taz.

War is where you buy it

Wir lernen Humanismus mit deutschen Sozialdemokraten und Grünen und erinnern uns: Wenn serbische Soldaten im Gefecht UÇK-Kämpfer erschießen, dann ist das nicht nur der kriegsübliche Mord, sondern ein Massaker an Unschuldigen, das ein moralisches Bombardement nach sich zieht und ein „Auschwitz!“-Gekeife, dem bald darauf das ganz reale Bombardement folgt. Wenn aber knapp drei Jahre später Soldaten der Nordallianz mehr als 400 Kriegsgefangene abschlachten, dann ist das die militärisch dringend notwendige Niederwerfung eines bewaffneten Aufstands. Die Bewaffnung der Massakrierten bestand in den Fesseln, mit denen man ihnen die Hände auf den Rücken gebunden hatte. Da wird ein Genickschuss zur reinen Notwehr. „Law is where you buy it“, schrieb Raymond Chandler.

Ein Mörder, der keiner mehr sein darf, kniet am Boden, die Hände auf den Rücken gefesselt. Hinter ihm steht ein Mörder, der noch aktiv ist. Er schießt. Hinter diesem steht ein Verbündeter, der zuvor sagte: Keine Gefangenen! Der amerikanische Verbündete ist kein Mörder, sondern ein Kämpfer gegen den Terrorismus. Hinter dem Verbündeten stehen ein deutscher Kanzler und ein deutscher Außenminister. Auch sie sind keine Mörder – sie sind entschlossene Pazifisten. Hinter ihnen stehen Journalisten, Essayisten, Redakteure und erklären, warum alle, die Massaker nicht gutheißen, evolutionär zurückgeblieben sind, Kleinkinder, oder maximal 16jährige Pubertierstengel, die sich in moralischer Eitelkeit sielen. Auch die Denunzianten von der Krieg-ist-richtig-Fraktion sind selbstverständlich keine Mörder. Sie sind bloß die Harrynutten des Betriebs.

MORGEN: Carola RönneburgAnmerkungen? unfried@taz.de oder Diskussion im Forum www@taz.de