■ Urdrüs wahre Kolumne
: Mit Kaninchen zum Boom

Erstmals seit Jahren ist der Nikolaus gestern nicht nur in mein Haus gekommen, sondern hat mich auch noch persönlich beschert, obwohl ich das mit den geputzten Stiefeln schon vor Jahren aufgegeben habe. Dies und der aktuelle Stand beim SV Werder nährten die Hoffnung auf eine bessere Welt, die aber auf die Bremer Olympiabewerbungen getrost verzichten kann.

In der Bremer taz liest man in der selben Woche eben diese Nachricht: „Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie hat auf einem Unternehmerforum in Bremen gestern mit Nachdruck einen sofortigen Wechsel in der Wirtschaftspolitik gefordert. Wachstum und die damit verbundene Wertschöpfung seien der Schlüssel zur Lösung des Beschäftigungsproblems.“ Warum sorgt nicht wenigstens der gute alte Satzfehlerteufel dafür, dass solche Meldungen von der Bartwickelmaschine des groben Unfugs mal ein Tuck origineller werden? Trösten kann da nur, dass der Präsident Michael Rogowski heisst, was im guten alten Ruhrpott des klassischen Unternehmertums immer noch der idealtypische Name für den Aushilfschauffeur gewesen wäre und warnend davon kündet, dass der Marsch durch den Arsch zumeist eine Frage mehrerer Generationen ist...

Wirklich nix als Polemik, dass sich in den Bremer Messehallen außer totem Fisch nichts tut: Über 25.000 quicklebendige Kaninchen rollen zur großen Bundesleistungsschau vom 12.-16. Dezember an, und in ihrem Gefolge werden 5.000 Züchter von Angora und Kurzhaarschecken anreisen, womöglich noch mit Ehefrau und Kind und Kegel: Wenn die nun alle auch noch „Hair“ besuchen, im Ratskeller trinken und schmausen und den daheimgebliebenen Zuchtfreunden noch die Stadtmusikanten in Gold oder Marzipan mitbringen, erlebt dieses Bundesland einen Boom, wie er doch eigentlich erst mit Eröffnung des Space Park zu erwarten gewesen wäre.

Da Henning Scherf gemeinsam mit dem wunderbaren Zotenreißer Karl-Heinz Funke die Schirmherrschaft übernommen hat, dürfte in den Hallen so richtig klaus & klaus-mäßige Stimmung herrschen, wenn die Belgischen Rammler mit ihren Herrchens und Frauchens beim erstmals durchgeführten Kaninchenhop-Rennen über die Hürden hopsen: Hoffentlich spielen die Tierschützer nicht Spielverderber, aber die haben ja wohl im Moment genug Sinnvolles zu tun, indem sie den Affenquäler Kreiter noch vor Heiligabend aus der Stadt vertreiben!

Nieselwetter und trotzdem ein Bummel über den Weihnachtsmarkt. Plötzlich faucht mich ein Budenbetreiber so schmierig-animierend an, wie das sonst wohl nur die berüchtigten Mitschnacker von der Reeperbahn so können: „Kommenseruhigmalreinzuunsderherr, hierganznackich, fickenblaseninternationalefrauen unddasbiernurfünfmarkderherr“. Ruft mich also ran an seinen Stand, „Hallo, der Herr, hier gibt es ihn, den dampfenden, den echten, den Eierpunsch!“ Nur die Tatsache, dass ich wahnsinnig empfindlich bin, was das Anfassen heißer Becher mit den bloßen Fingern betrifft, hindert mich, das Angebot wahrzunehmen. Doch auch da weiß dieser Geschäftsmann Rat: „Wennse das selbst nicht trinken können, dann könnense doch jemand was ausgeben, der sich sowas Schönes nicht leisten kann!“ Warum werden solche Talente nicht vom Fleck weg für das Bremen Marketing engagiert? Na klar – die streben dann gleich einen Senatsposten an!

Weißt du auf Anhieb, liebe Leserin, wie viele Schichten ein handelsüblicher Dominostein hat? Nicht fragen... testen! rät in jedem Fall

Ulrich „Süßes Kaufhaus“ Reineking