springer konzentriert
: Zäsur für die Medienvielfalt

Die Fast-Fusion von Springers Welt mit der Berliner Morgenpost ist eine Zäsur für den deutschen Zeitungsmarkt. Nicht so sehr, weil hier mal wieder ein politisch indiskutables, ansonsten aber ordentlich gemachtes und wirtschaftlich gesundes Blatt wie die Morgenpost zu Gunsten einer Verlustschleuder wie der Welt bluten muss. Auch nicht, weil hier zum ersten Mal ein überregionaler Titel mit einem Lokalblatt zusammenarbeiten wird. Sondern weil sich ein neuer Typ von Konzernpresse zeigt, von dem zu befürchten ist, dass er demnächst Branchenstandard wird.

Kommentarvon STEFFEN GRIMBERG

Der Springer-Verlag will in den nächsten zwei Jahren 1.400 von insgesamt über 14.000 Stellen abbauen – daher die „Kooperation“ von Welt und Morgenpost, die demnächst auch offiziell bekannt gegeben werden wird. Doch diese Bezeichnung ist lächerlich: In den zentralen Ressorts Politik, Wirtschaft und Lokales wird es dann nur noch eine Redaktion für zwei Blätter geben. Die zunächst noch voneinander unabhängigen „Doppelressorts“ Kultur und Sport düften bald folgen.

Das spart Geld, viel Geld – und diesem Weg werden auch andere Konzerne, nicht nur Springer, folgen. Am Ende wird ein und dieselbe Zentralredaktion eines Medienunternehmens die Inhalte für alle Titel unter dem Konzerndach konfektionieren – hier ein bisschen heimeliger fürs schlichte Lokalvolk, dort ein wenig gespreizter und überregionaler für die angeblichen Eliten. Je nach Ausrichtung ließe sich dann natürlich auch die politische Couleur bedarfsgerecht anpassen. Nur die Kluft zum Boulevard-Journalismus wird schwerer zu überbrücken sein. Opfer dieser Entwicklung sind nicht nur die eingesparten Journalisten. Der Trend geht klar gegen die publizistische Vielfalt.

Das gilt nicht nur bei Zeitungen oder Zeitschriften. Erst das Durchreichen ein und derselben Inhalte und Meinungen in die anderen Massenmedien wie Internet, Radio und Fernsehen schafft die angestrebten Wertschöpfungsketten. Doch Medien sind keine Zahnpasta: Wenn sich nur noch Verpackung, Farbe und Aufmachung unterscheiden, sind sie ihrer eigentlichen Aufgabe beraubt – die Öffentlichkeit zu informieren und aufzuklären. Die unglückliche Analogie von Welt-Chefredakteur Wolfram Weimer, bei bestimmten Automobiltypen eines Konzerns seien doch auch die Hälfte der Einzelteile identisch, zeigt, wohin sich die deutsche Medienwelt in Zukunft entwickeln wird.

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