■ H.G. Hollein: Gabenwahl
Die Frau, mit der ich lebe, zeigt bereits Anzeichen weihnachtlicher Verklärung. Da ist der Gefährte gut beraten, beizeiten eine Liste potenziell stimmungsvoller Darbringungen für den Gabentisch anzulegen. Aber es gibt ja hilfreiche Geister. Einige davon sitzen beim Rhenania Buchversand und haben mir dessen Katalog für „Weihnachten 2001“ zukommen lassen. In dem findet sich so manches. Etwa „Die Eroberung Jerusalems im Jahre 1099“, ein „prachtvoll illustrierter Bildband zur Geschichte des ersten Kreuzzugs“. Das klingt angemessen versöhnlich und ist auch noch um beinahe 60 Mark reduziert. Noch günstiger allerdings wären „Sex und Folter in der Kirche“ von Horst Herrmann mit „Hexenjagden, Martern und Hinrichtungen“ satt für nur 14,95. Thematisch flankierend, wenn auch mit 42 Mark preislich etwas nach oben ausschlagend, bieten sich die „Verbrechen der katholischen Kirche“ an. Was die „Gesunde Prostata in 90 Tagen“ auf dem Titelblatt in diesem Zusammenhang zu suchen hat, entzieht sich mir allerdings. Näher liegt da schon eine CD mit den „schönsten Weihnachstliedern für Blockflöte und Keyboard“, war erstere doch schon immer der Gefährtin liebstes Blasinstrument. Und wo sie in letzter Zeit doch ständig der Interaktivität das Wort redet – wie wäre es mit der „Peep-show“? Die – „3-D-Brille“ inklusive – lässt sich schließlich „mit keinem anderen Buch vergleichen“. Noch interaktiver wäre natürlich „Bleigießen“ mit Löffel und 6 Bleifiguren für nur 5 Mark. Günstiger kann die Gefährtin schwerlich selbst Hand anlegen. Andererseits, im Preis-Leistungsverhältnis schwerlich zu übertreffen ist der „Bibelkommentar Neues Testament“: 25 Bände mit 8863 Seiten für 248 Mark – wahrlich ein klassischer Lektürespaß für lange Winterabende. Leicht macht es einem der Rhenania Versand wirklich nicht. Allein vom „Lehrbuch der Toxikologie“ empfiehlt es sich, Abstand zu nehmen. Man will ja noch etwas länger zusammenbleiben.
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