Letzter Akt: Rechtfertigung

■ Eichmann-Monolog im Theater Schachar zieht die Zuschauer in seinen Bann

Das Stück Adolf Eichmann – letzter Akt beruht auf den Memoiren, die der ehemalige Gestapo-Bürokrat Eichmann 1960 im israelischen Gefängnis geschrieben hat. Aus ihnen und einigen anderen Dokumenten hat Tuvia Tenenbom, Leiter des jüdischen Theaters in New York, einen Theatermonolog gemacht. Regisseur Daniel Haw hat für die deutsche Erstaufführung die Showeffekte gestrichen und den Text auf seinen Kern beschränkt: die Annäherung an einen autoritären Charakter. Darsteller Robert Lenkey spielt den zweistündigen Monolog mit viel Energie und beeindruckender Präzision. 

Lenkey zeigt uns einen Eichmann, dem die Unruhe ins Gesicht geschrieben steht. Krampfhaft behauptet er seine Unschuld. Der Monolog in der Gefängnsizelle ist ein Versuch der Selbstvergewisserung. Wenn Eichmann erzählt, schwankt er zwischen Machtphantasien und der Betonung seines untergeordneten Rangs. Letztlich entlarvt sich dieser Eichmann in seiner Verteidigungsrede selbst. Immer wieder gerät er in eine deklamierende Pose, z.B. wenn er die „Rassemerkmale“ rekapituliert, die er einst als Grundschema seiner Weltsicht internalisiert hat. Die Argumentation des Delinquenten ist einfach: Er habe nur aus Gehorsam gehandelt, der ihm schon als Kind eingetrichtert worden sei. Wenn überhaupt, seien die Vertreter jüdischer Organisationen schuld, die mit der Ges-tapo zusammengearbeitet haben. Er spielt mit dem Publikum, wirbt um dessen Gunst. Reue empfindet er höchstens für eine Ohrfeige, die er einem Juden gegeben hat. Mit Details versucht er den Blick für das Ganze zu verstellen. Am Ende bricht der Hass wieder aus ihm hervor, und hinter seiner verzweifelten Nazi-Pose scheint das Chaos der Vernichtung aufzuscheinen, in die solch ein autoritäres Selbstverhältnis führt. Christian Rubinstein

nur noch heute, 20 Uhr, Theater Schachar, Hospitalstraße 107