Werders leere, breite Brust

■ Die Bremer kommen mit dem Erfolgsteam der letzten Wochen, aber ohne Trikotsponsor ans Millerntor

Bayern und Bayer weggehauen, zwischendurch mal eben Schalke im eigenen Stadion gedemütigt – danach treten die Werder-Kicker auf St. Pauli mit breiter Brust an. Die wird allerdings auch in diesem Spiel „nackt“ bleiben: Potenzielle Sponsoren stehen auch beim Tabellenfünften SV Werder nicht Schlange.

Immerhin, „Bewegung“ sei in die Suche nach einem Trikotsponsor gekommen, sagt Sportdirektor Klaus Allofs. Aber Werder will bei der Partnersuche diesmal etwas genauer hinsehen: „Der Verein hat aus QSC gelernt.“ Der Internet-Anbieter, dessen Logo zuletzt die grünen Leibchen zierte, hatte mit dem Niedergang der New Economy sein Engagement nach einem Jahr vorzeitig beendet. Diesmal soll es laut Allofs „zumindest etwas Mittelfristiges“ sein. Man will nicht mehr alle zwei Jahre den Sponsor wechseln. Die unbedruckten grünen Trikots sind schließlich so schick wie seit den 60er Jahren nicht mehr und haben sich zum Kult-Objekt entwickelt.

Aber wehe, gegen St.Pauli reißt die Erfolgsserie. Dann wird das Geschrei nach prominenten Neueinkäufen wieder anschwellen. Nicht, dass das Team von Dietmar Demuth besonders furchteinflößend wäre. Aber Werder-Trainer Thomas Schaaf wäre nicht er selbst, wenn er nicht trotzdem warnen würde: „St.Pauli steht mit dem Rücken zur Wand, das ist ganz gefährlich“, lautet seine Ball-flach-halten-Losung für diese Woche. Dennoch, ein wenig Mitleid klingt schon durch, wenn Schaaf schwärmt: „Ich freue mich immer, da zu spielen.“ Nicht wegen der leicht verdienten Punkte, sondern wegen der tollen Fans, die ihre Mannschaft immer unterstützen, ohne zu randalieren. „Das muss man auch mal hervorheben.“ Klingt wie ein Nachruf auf einen Absteiger, der für den Fair-Play-Preis vorgeschlagen wird. Beruhigt ist Schaaf, dass St. Paulis Thomas Meggle gelbgesperrt ausfällt: „Ein ganz starker Spieler“, lobt der Bremer Chef, und die lokale Sportjournaille feixt schon: Könnte man den nicht mal „holen“?

Zwei anderen St.-Pauli-Leistungsträgern aus der vergangenen Saison hat dieser Weg bislang wenig Glück gebracht: Holger Wehlage ist nach seinem Beinbruch noch nicht wieder fit genug für die Liga, peilt jetzt die Rückrunde an. Stürmer Ivan Klasnic durfte immerhin schon ein paar Mal kurz aufs Feld, wird vom Trainer derzeit als „starke Alternative“ bezeichnet. Dass es am Millerntor zu einem Einsatz reicht, darf dennoch bezweifelt werden, denn Schaaf kann aus dem Vollen schöpfen. Aus der Erfolgsmannschaft der letzten Wochen fehlt nur der gelbgesperrte Abwehrchef Frank Verlaat.

So sieht es aus, als könnte Werder sich heute nur selbst schlagen. Zum Beispiel mit Abwanderungsgedanken: Leverkusen macht Torsten Frings schöne Augen. Der brasilianische Kugelblitz Ailton redet seit Monaten vom Wechseln. Der neueste Kandidat im Wechselspiel ist Mittelfeldtalent Tim Borowski. Der 21-Jährige soll Angebote von Leverkusen und Hertha BSC haben. Trainer Schaaf ist schon aufgefallen, „dass ihn das beschäftigt“. Gut möglich, dass er seinem Nachwuchs-Star deswegen eine Denkpause verordnet. Zurückgemeldet hat sich indes einer, der schon als abgeschrieben galt: Ober-Grantler Andreas Herzog hat offensichtlich bei den Gehaltsverhandlungen mit Rapid Wien zu hoch gepokert. Die Rückkehr in die Heimat scheint sich einmal mehr zerschlagen zu haben. Jan Kahlcke Aufstellung: Rost – Baumann, Kristajic, Skripnik – Tjikuzu, Ernst, Stalteri, Lisztes – Ailton, Bode