Neue Anlaufstellen

Mit Sorgen beobachten vor allem seit dem vergangenen Samstag Kenner der Szene, wie sich im Einzugsbereich von Berlin inzwischen rechte Läden und Versände auch in Einkaufszentren etablieren

von HEIKE KLEFFNER

Mit Sorgen beobachten Kenner der Szene nach der NPD-Demo am vergangenen Samstag, dass sich im Einzugsbereich von Berlin inzwischen eine Reihe von rechtsextremen Läden und Versänden etablieren. Von Seiten der Sicherheitsbehörden heißt es dazu: „Wo es die Klientel gibt, existiert regional auch ein entsprechendes Angebot.“ Etwa bei Andreas M. auf dem Wittstocker Wochenmarkt. Wer an seinem Stand nach „deutscher Musik“ fragt, für den holt der Standbetreiber eine Kiste mit indizierten CDs aus dem Auto. etwa die der Potsdamer Neonaziband Proissenheads. Und man kann mit Andreas M. auch über seine „Kameraden“ in Berlin und Brandenburg sprechen. Denn Andreas M. war nicht immer fliegender Händler in Sachen „Rechtsrock“. Stolz berichtet er von seinem Laden „Greenland“ in Brandenburg an der Havel, den er erst nach einer Kampagne von Antifaschisten und einem Ermittlungsverfahren aufgegeben habe.

Andernorts haben es die Verkäufer der „Begleitmusik für Mord und Totschlag“ nicht so schwer. In Potsdam beispielsweise, wo der stadtbekannte Rechte Danny P. nahe der S-Bahn-Station Babelsberg sein Ladengeschäft betreibt. Das nennt sich ganz unverfänglich „Union Jack“ und ist auf den ersten Blick von anderen Bekleidungsgeschäften kaum zu unterscheiden. Und neben den längst nicht mehr nur bei Rechten beliebten Marken wie „Pit Bull Germany“ und „Hooligan“ können als vertrauenswürdig geltende Kunden auch hier auch einschlägige T-Shirts und Musikerzeugnisse der verbotenen Neonazigruppierung „Blood and Honour“ erwerben. Nachdem die Antifaschistische Aktion Potsdam AAPO gestern Danny P.s rechtes Sortiment ans Licht der Öffentlichkeit zerrte, fühlt der sich zu Unrecht diffamiert. Sein Kundenkreis bestehe aus „Hools“, „Oi-Skins“ bis hin zu „Otto-Normalverbrauchern“, und „Neonaziproapaganda“ würde er keineswegs verkaufen.

Die Tatsache, dass er mit einer Gruppe von Schlägern, die der Verfassungsschutz damals einer Nachfolgeorganisation der verbotenen „Nationalistischen Front“ zurechnete, 1994 das linke Kultur- und Wohnprojekt „Archiv“ in Potsdam überfiel, sei allein seinem damals jugendlichen Alter und seinem betrunkenen Zustand geschuldet. Bei dem Angriff wurde unter anderem ein linker Jugendlicher durch direkte Schüsse aus einer Luftdruckpistole im Gesicht schwer verletzt. Doch Danny P. kam mit einer Bewährungsstrafe davon. Während er behauptet, er habe aus „seinen Fehlern“ gelernt, geht ein Sprecher der AAPO davon aus, dass sein Laden für die rechte Szene Potsdams eine „wichtige Anlaufstelle“ ist. „Derartige Geschäfte bieten Anlaufpunkte, Kontakte und Adressen und versuchen durch ihr Angebot, Jugendliche weiter zu politisieren“, so die AAPO.