Bremerhavener schlagen Frauenquote

■ Die SPD wählt auf der Landesdeligiertenkonferenz am Wochenende ihre Bundestagskandidaten: 2 Männer vorne / Franz Müntefering kam zum Einheizen

Nicht, dass sich bei der SPD nichts tun würde. Gleich zwei Neue kamen bei der samstäglichen Landesdelegiertenkonferenz in Vegesack auf die Liste möglicher Bundestagsabgeordneter. Wobei der eine eher ein Fall von Recycling ist: Der Bremerhavener Uwe Beckmeyer, Ex-Hafensenator, wurde für eines der Direktmandate für den Bundestag vorgeschlagen und von der Konferenz gewählt. Er übernimmt damit den Platz von Ilse Janz, die in der nächsten Legislaturperiode nicht weitermachen will.

Dass die Qualifikation Bremerhavener nicht alle Delegierten überzeugte, machte das Ergebnis deutlich. 58 der 178 Delegierten stimmten gegen Beckmeyer, acht enthielten sich. Dennoch siegte damit die Bremerhaven-Quote über die Frauenquote. Denn auch das andere Direktmandat ist männlich besetzt mit Volker Kröning (56), dem bewährten Vertreter Bremens im Haushaltausschuss des Bundestages. Trotz des ab der Wahl im Herbst 2002 verkleinerten Parlaments will er für seinen Sitz in diesem Ausschuss streiten und sich für eine „nachhaltige Finanzpolitik“ einsetzen. Sein zweiter Schwerpunkt bleibe die Verteidigungspolitik. Kröning wurde mit 164 Stimmen gewählt.

Ein anderer Bremer Bundestagsabgeordneter, Konrad Kunick, steht für den nächsten Bundestag nicht mehr zur Verfügung. Für seine Arbeit bedankte sich Konferenzleiterin Carmen Emigholz: „Ich hoffe, dass du uns als aktiver Streiter erhalten bleibst.“

Ob Bremen im nächsten Bundestag aber überhaupt wieder drei Sitze haben wird, ist indes fraglich. Denn die Verkleinerung des Parlaments um rund zehn Prozent legt die Latte für das dritte Listenmandat höher. „Bei knapp über 50 Prozent und einer guten Wahlbeteiligung, könnte es klappen“, rechnet Thomas Ehmke, 23, aus. Der Juso-Vorsitzende bewarb sich gut gelaunt um den völlig aussichtslosen fünften Listenplatz. Um den aussichtsreicheren dritten bewarben sich zwei Frauen: Cornelia Wiedemeyer (40), finanzpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, machte schließlich mit 93 Ja-Stimmen das Rennen vor ihrer Bürgerschaftskollegin Birgit Busch, 45.

Den Wahlen voran ging am Samstag in der Vegesacker Strandlust eine kämpferische Rede des Generalsekretärs der Bundes-SPD Franz Müntefering. „Denkt nicht, da kommen die Plakate, die kleb ich morgen, das kenn ich“, mahnte er die Bremer Genossen. „Ihr müsst im Wahlkampf überzeugen. Erst wenn die Leute sagen, jaja, die SPD hat den Kündigungsschutz wieder verbessert, sie hat die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall wieder eingeführt und den Etat für Wissenschaft angehoben, erst dann könnt ihr aufhören.“

Politik sei keine „Randerscheinung“, so Müntefering: „Manche wollen den schlanken Staat, und ich habe den Eindruck, sie wären auch nicht traurig, wenn er ganz verhungern würde.“ Der Staat müsse aber wissen, welche Aufgabe er zu erfüllen habe, rief er zu den begeisterten Delegierten. „Er muss dafür sorgen, dass Schwimmbäder da sind (jawoll!), dass genug Polizis-ten da sind (jawoll!), dass wir gute Schulen haben (jawoll!).“ Und: Nur ganz reiche Menschen könnten sich einen armen Staat wünschen.

Herausforderung Nummer eins: die Arbeitslosigkeit. Mit den Schlagworten „Fordern und fördern“ mahnte Müntefering ein aktiveres Verhältnis im Umgang mit Arbeitslosen an und lobte Bremen für die Fortschritte auf diesem Gebiet. „Wer mit 22 nie pünktlich sein musste und nie unter Erfolgsdruck stand, der ist für den Arbeitsmarkt verloren. Wir müssen diese jungen Leute in das Berufsleben bringen, und ich sage: zwingen.“

Elke Heyduck