berliner szenen
: Shopping-Routinen

„Wie immer?“

Mehrmals im im Jahr kaufe ich in den Schönhauser-Allee-Arkaden eine Käptn-Blaubär-Wärmflasche. Trotz meines erheblichen Konsums von Käptn-Blaubär-Wärmflaschen hat die Apotheke dort die erstaunlich teuren und völlig unpraktischen Dinger allerdings bisher nicht billiger gemacht. Aber ich werde das Experiment trotz anders lautender makroökonomischer Theorien zum Thema Angebot und Nachfrage weiter fortsetzen. Natürlich habe ich mittlerweile schon alle meine Freunde und Verwandte flächendeckend mit Käptn-Blaubär-Wärmflaschen ausgerüstet.

In der ersten Etage der Allee- Arkaden ist auch eine Kiepert-Filiale. Meistens schenke ich den Wärmflaschenbesitzern einen Henning-Mankell-Krimi, am liebsten die „Hunde von Riga“. Herr Krähenburg, einer meiner Nachbarn aus dem Vorderhaus, hat einmal behauptet, wir Mieter im Hinterhaus wären nicht sehr beständig: immer neue Lebenspartner, immer wieder umziehen, keine festen Gewohnheiten.

Vielleicht hat er Recht . . . Routine kann wirklich nicht schaden. Und: Routine macht den Kopf frei für Beobachtungen, die einem sonst entgehen würden. Zum Beispiel: Donnerstags um halb acht ergattere ich im Reformhaus im Untergeschoss der Allee-Arkaden stets eines der letzten Vollkornbrote. Seit einiger Zeit habe ich dabei beobachtet, dass ein Mann mittleren Alters immer um dieselbe Zeit eine Packung Rice-Crispies kauft. Die Verkäuferin sagt mechanisch lächelnd „Einsneunundneunzig“, daraufhin reicht ihr der Mann wortlos ein Zweimarkstück rüber und hält ihr sein offenes Portemonnaie über den Tresen. Dann sagt die Verkäuferin reflexartig „Wie immer!“ und lässt einen Pfennig Wechselgeld in die leere Geldbörse plumpsen: „Plopp“.

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