Luft, Lynch, Lachen, Lounge

■ Zweimal in Hamburg: Das „Liquid Laughter Lounge Quartet“

Draußen ist es kalt, die ersten Symptome der Winterdepression setzen ein, die Umwelt erscheint feindselig. Da wünscht man sich an einen warmen Ort, in dem jede und jeder für sich mit viel Alkohol in roten Plüsch-Sesseln versinken kann – in eine Lounge also. Und in eine solche gehört auch eher leise, wenig manische Musik. Ob es sich dann aber um Bebop-Balladen, Tango, traurige Chansons oder e-pische Elektronik zu handeln hat, darüber lässt sich lange debattieren.

Die Mitglieder des Liquid Laughter Lounge Quartet machen bereits mit dem Namen ihrer Band klar, dass sie ihre musikalischen Ideen als Beitrag zu dieser Debatte verstehen. Was sich in Freiburg ursprünglich als Salon-Variante der Psychedelik-Punkband Liquid Laughter zusammenbraute, hat mittlerweile ein intensives Eigenleben entwickelt. Gezupfter Kontrabass, gestrichenes Schlagzeug und wenige, hallende Gitarrentöne erinnern kaum noch an die Aggressivität der Mutterband. Vielmehr stellt sich der Umzug in die Lounge als Teil einer beliebten Bewegung dar: Modernisierung durch Geschichtsbewusstsein.

Die Bezugspunkte für diese „Zwei Schritte vor, einen zurück“-Bewegung wurden auch im Kino gesucht. Da ist die epische Melancholie der viel zitierten Morricone-Soundtracks, John Barrys spannungserzeugende Mood-Music und nicht zuletzt die visuelle Expressivität der Wüstenrocker um Calexico. In die Instrumentalstü-cke auf dem zweiten Album des Quartetts könnte man noch ganze Western-Saloons hineinbauen, so ausladend sind sie angelegt. Und auch die teils in Englisch, teils in Deutsch gesungenen Songs passen, wackeln und haben vor allem viel Luft.

Dieser Weite liegen allerdings sehr enge Formen zugrunde, die gründlich ausgelüftet werden: der klassische 3-minütige Rocksong, Rockabilly und Country. Vor allem im nervösen, manchmal manischen Gesang und den so vorgebrachten verstörten Texten brodelt die di-rekte Intensität dieser Formen unter der epischen Oberfläche und macht aus dem ganzen durchaus: Rockmusik.

Ob die Schilleroper und das fools garden die richtigen Salons zur Musik des Liquid Laughter Lounge Quartet sind, oder ob umgekehrt die Musik das Lounge-Bedürfnis der BesucherInnen erfüllt, ist heute und morgen unbedingt überprüfenswert. Georg F. Harsch

heute, 21 Uhr, Schilleroper; morgen, 20.30 Uhr, fools garden