PISA-Folgen
: „Vom Wiegen wird die Sau nicht fetter“

■ Lehrergewerkschaft: Qualität von Bildung kostet / „Abwehrkämpfe“

„Vom Wiegen wird die Sau nicht fetter. Man muss sie in den Wachtumsphasen auch ordentlich füttern.“ Mit diesen Worten macht der Vertreter des Personalrats Schulen, Dieter Heidbronn, die Haltung der Bremer Lehrergewerkschaft GEW zum jüngsten Ergebnis des weltweiten Leistungsvergleichs von SchülerInnen deutlich: Gute Bildung koste Geld. In Bremen jedoch werde an Bildung konsequent gespart – und zwar zu viel.

„Wir sind nicht überrascht vom schlechten Abschneiden der deutschen SchülerInnen beim Vergleichstest“, sagte ges-tern vor der Presse auch der Vorsitzende der Bremer Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Jürgen Burger. Seit Jahren haben sich die Bedingungen für Unterricht verschlechtert, so die Bilanz der GEW. Das schlechte Ergebnis der deutschen SchülerInnen im Leis-tungsvergleich dürfe deswegen nicht der Lehrerschaft angelas-tet werden. „Wer die PISA-Ergebnisse ernst nimmt, der muss die deutsche Schulstruktur und Bildungsfinanzierung in Frage stellen.“

Die GEW-Forderung Nummer eins lautet deshalb: „Integration statt Selektion.“ In keinem Vergleichsland würden SchülerInnen so früh wie in Deutschland nach Leistung sortiert. Dies verschärfe sich mit dem vermehrten Angebot an durchgängigen Gymnasien in Bremen – und ebenso durch das Abitur nach zwölf Jahren. Diese Tendenz müsse gestoppt werden. Stattdessen sollten Schulzentren sich zu integrierten Stadtteilschulen weiterentwickeln können, so die GEW. „Wir führen einen Abwehrkampf“, räumten die Gewerkschafts-Funktionäre gestern zugleich ein. „Sonst sind die Lehrer bald wieder die Sündenböcke.“

Bremen belegt nach Erhebungen der GEW bundesweit traurige Spitzenplätze mit dem durchschnittlichen Unterrichtskontingent von 25 Lehrer-Wochenstunden, dem Personalabbau um 1.000 Lehrkräfte in den letzten zehn Jahren bei gestiegenen SchülerInnenzahlen – und ebenso mit dem Altersdurchschnitt von 53 Jahren bei LehrerInnen. Nur Schweden – das bei PISA vorzüglich abgeschnitten hat – liegt im Altersschnitt des Lehrpersonals noch höher. „Aber auch da haben wir signalisiert bekommen, dass bald die Bildungskrise kommt, wenn nichts geschieht“, orakelt Burger.

Nach Ansicht der GEW müsse Bremen mehr Lehrkräfte einstellen – damit Fortbildung stattfinden könne. Insbesondere an Grundschulen müsse Integration durch Lese-Rechtschreib-Förderung stattfinden. Die Klassenfrequenzen seien insgesamt zu hoch. Und auch die Lehrerausbildung an den Hochschulen müsse gestärkt – statt wie geschehen beschnitten – werden. Grundsätzlich sei der eingeschlagene Bildungsweg der großen Koalition, wonach mehr differenziert werde, verhängnisvoll – wie die PISA-Testergebnisse belegten. ede