Personal aus einer anderen Liga

CDU ganz auf der Gysi-Welle: Sie plädiert für einen „Senat der Köpfe“. Mitmachen sollen Lothar Bisky (PDS), Volker Hassemer (Partner für Berlin) oder Werner Gegenbauer (IHK). Gefragt hat die Union keinen ihrer Kandidaten

Zur Rettung der Hauptstadt vor einer möglichen rot-roten Regierungskoalition und der Abwehr des Schreckgespenstes aus wirtschaftlichem Niedergang sowie der Investitionsflaute, greift die Berliner CDU innovative Ideen auf. Und mehr noch. Es tut der Partei keinen Abbruch, dass die Ideen von einem Postkommunisten, dem PDS-Spitzenkandidaten Gregor Gysi, stammen.

Was noch im Wahlkampf von der Union belächelt wurde, nämlich Gysis Vorschlag, die Stadt von einem so genannten „Senat der Experten“ führen zu lassen, um die Haushaltsprobleme und Zukunftschancen jenseits parteipolitischer Programmatik meistern zu können, haben nun auch der CDU-Abgeordnete und Vizefraktionschef Mario Czaja sowie Exfinanzsenator Peter Kurth und die Bildungspolitikerin Monika Grütters gefordert.

Sein Plädoyer für einen „Senat der Köpfe“, sagte Czaja zur taz, bedeute zum einen, „natürlich den möglichen Imageschaden abzuwenden, den Rot-Rot für Berlin bringen würde“. – Da bewegt er sich ganz auf der Linie etwa von CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer, der am Montag vor einer SPD-PDS-Koalition warnte und diese „als schlechte Botschaft für die Wirtschaft“ bezeichnete. Zum anderen trauen Czaja und Co. der zukünftigen Truppe aus langjährigem Berliner „Bezirkspersonal“ nicht zu, die Zukunft der Stadt gestalten zu können.

Der kommende Senat sollte mit Personen „aus einer anderen Liga“ und nicht mit dem Personal, das vorhanden sei, zusammengesetzt werden, betonte Czaja. Die zukünftige Senatsmannschaft dürfe nicht nach dem üblichen Parteienproporz aufgestellt werden. Angesichts der zu bewältigenden Schwierigkeiten in der Stadt könne „externer Sachverstand“ als positives Signal verstanden werden.

Und wie um den Ablehnungskurs von CDU-Fraktionschef Steffel gegen die roten Koalitionspartner zu konterkarieren, legte Peter Kurth gestern in Pressemeldungen noch eins drauf: Man könne sich vorstellen, dass die Union Entscheidungen durch solch eine Senatsbesetzung „mitträgt“, sagte er – ganz im Sinne Czajas, der sich gegen eine „Fundamentalopposition“ gegen die PDS von Teilen seiner Partei aussprach. Czaja: „Ich war schon früh für Rot-Rot, Opposition im Sinne der Ausgrenzung der PDS ist nicht mein Verständnis von politischer Arbeit.“ Das klingt gut, aber auch nach Mitregieren durch die Hintertür.

Dass sich die CDU nach der niederschmetternden Wahlniederlage mit dem Vorstoß wieder ins Stadtgespräch bringen will, ist evident. Darum gibt man sich nicht kleinlich: Zu dem Personal aus „einer anderen Liga“ gehörten nach Ansicht der CDU-Politiker gemeinsam mit dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit und Gregor Gysi auch der frühere Bundesvorsitzende und heutige Chef der brandenburgischen PDS-Fraktion Lothar Bisky.

„Vorstellen“ können sich die CDUler auch die Mitwirkung von Ellis Huber, dem ehemaligen Präsidenten der Ärztekammer, und die Teilnahme am Regierungstisch von Werner Gegenbauer als Wirtschaftsexperte. Der Chef der Berliner Industrie- und Handelskammer war in der Vergangenheit schon einmal als möglicher Anwärter auf ein Senatorenamt genannt worden.

Schließlich brachte Mario Czaja Volker Hassemer, Ex-Kultur- sowie -Stadtentwicklungssenator und langjähriger Leiter der Marketing-Agentur „Partner für Berlin“ ins Spiel. Hassemer habe sich als visionäre Integrationsfigur nach dem Fall der Mauer einen Namen gemacht und stehe auch innerhalb der CDU für eine liberale und zugleich weltoffene Haltung.

Mit den Kandidaten sei über den Vorschlag noch nicht gesprochen worden, bekannte Czaja – sie alle wollten gestern dazu auch keine Stellung beziehen. Für die CDU-Poliker kein Problem: Bei dem „Senat der Köpfe“ gehe es nicht um konkrete Namen, sondern um die öffentliche Debatte über eine Idee. Eine längst bekannte, wie gesagt, und eine mit parteipolitischen Hintergedanken dazu. ROLA