Klagen über Klagen

Zwangsarbeiter-Entschädigung: Lambsdorff kritisiert neue Klagen gegen die Wirtschaft. Bereits 2,5 Milliarden Mark ausgezahlt

BERLIN taz ■ Mit harschen Worten hat der Beauftragte der Bundesregierung für die Entschädigung ehemaliger NS-Zwangsarbeiter, Otto Graf Lambsdorff, Kuratoriumsmitglieder der Zwangsarbeiter-Stiftung angegriffen. Einen Skandal nannte er, dass die beiden Mitglieder Lothar Evers und Burt Neuborne, ein amerikanischer Opferanwalt, gegen die US-Regierung und die Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft geklagt haben. „Das lässt sich mit dem Amt eines Kuratoriumsmitglieds nicht vereinbaren“, sagte Lambsdorff gestern in Berlin, wo er eine Zwischenbilanz der Stiftungsarbeit zog.

Gegenstand der beiden Klagen waren unter anderem die Zinsgewinne der Wirtschaftsinitiative. Vereinbart war, dass „mindestens“ 100 Millionen Mark an Zinserträgen aus dem 5-Milliarden-Beitrag der Wirtschaft an die Stiftung überwiesen werden. Die Wirtschaft zahlte genau 100 Millionen, obwohl ihre Zinserträge nach den Rechnungen der Opferverbände bei über 400 Millionen Mark liegen dürften.

Lambsdorff gestand ein, dass es in diesem Punkt „verschiedene Rechtsauffassungen“ gebe, die Wirtschaft sei aber seiner Einschätzung nach „nicht verpflichtet“, die übrigen Zinsgewinne abzugeben. Außerdem hatten die Opfervertreter geklagt, weil die Allianz-Versicherung nur die Hälfte ihres Anteils von 130 Millionen Mark eingezahlt und den Rest als Aufwandsentschädigung zurückgehalten hatte. Das Druckmittel zeigte Erfolg: „Die 64 Millionen werden heute überwiesen“, teilte Lambsdorff trocken mit.

Die Klage gegen die US-Regierung soll am 13. Dezember vor Gericht kommen. Das US-Justizministerium hat ihre Abweisung beantragt. Lambsdorff geht davon aus, dass das Gericht dem Antrag des US-Justizministeriums folgt. Die zweite Klage gegen die Stiftungsinitiative ist bei Gericht bisher lediglich hinterlegt, um den Druck auf die Stiftungsinitiative der Wirtschaft zu erhöhen.

Lambsdorff hält solche Aktionen für „Behinderungen“ der erfolgreichen Arbeit der Stiftung. Als deren Erfolg hob er hervor, dass die Gelder unter strikter Kontrolle der Stiftung ausgezahlt würden, was Unterschlagungen verhindere. Bis Anfang nächsten Jahres hoffe die Stiftung, 2,5 Milliarden Mark an 600.000 Opfer ausgezahlt zu haben.

HEIDE OESTREICH