Englisch lernen statt Polizisten kloppen

Britische Regierung erteilt Immigranten gute Ratschläge zur Integration: Untersuchungsbericht zu Rassenunruhen

DUBLIN taz ■ Polizei, Regierung, Lokalzeitungen und die Abschottung des asiatischen Bevölkerungsteils sind schuld an den Rassenunruhen in England im vergangenen Sommer. Das geht aus einem 90-seitigen Bericht im Auftrag des britischen Innenministeriums hervor, der gestern veröffentlicht wurde. Bei Straßenschlachten zwischen Neonazis, asiatischen Jugendlichen und der Polizei waren in Bradford, Oldham und Burnley weit über zehn Millionen Pfund Sachschaden entstanden.

Die Autoren des Berichts fordern die Regierung auf, das Thema Staatsbürgerschaft und Multikultur auf die Tagesordnung der britischen Politik zu setzen. Die Polizei trage Schuld an der angespannten Situation in den von Unruhen betroffenen Städten, weil sie bestimmte Viertel meide und dadurch den Drogenhandel zulasse.

Der Bericht empfiehlt, dass Konfessionsschulen mindestens ein Viertel der Schüler aus anderen als der im Einzugsbereich dominanten religiösen Gruppen aufnehmen, um ein Verständnis für andere Kulturen zu fördern. Der Bericht übt auch Kritik am asiatischen Bevölkerungsteil: „Man sollte erwarten, dass sie dem Erlernen der englischen Sprache höchste Priorität einräumen.“

Diesen Punkt griff Innenminister David Blunkett in einem Interview heraus. Er sagte, dass die Leute Englisch lernen müssen, um Segregation zu überwinden. Das sei Unfug, meint der politische Kommentator Vikram Dodd, dessen Familie vor 30 Jahren aus Indien nach England auswanderte: „Es sind ältere Menschen und Frauen, die wegen arrangierter Ehen nach England kommen, die kein Englisch können. Die Krawallmacher waren junge Männer mit guten Sprachkenntnissen.“ Opfer von Rassismus werden sie nicht, weil sie ein Verb nicht deklinieren können, sondern wegen ihrer Hautfarbe. „Blunkett redet davon, dass die Einwanderer die britischen Normen akzeptieren müssen“, schreibt Dodd, „statt die wahren Gründe für die Segregation anzusprechen: den Rassismus der Weißen.“

Das sagt auch Tariq Rafique vom britisch-pakistanischen Jugendforum: „Das faschistische Verhalten einiger Leute in England ist das wahre Problem.“ Die rechtsextreme British National Party (BNP), die bei den Parlamentswahlen im Juni ihre besten Ergebnisse in Oldham holte, schüre Konflikte, die Wut der asiatischen Jugendlichen habe sich schließlich entladen. „Man konnte wochenlang nicht in die Stadt gehen, weil man Angst haben musste, angegriffen zu werden“, sagte Rafique. Die BNP fordert die Errichtung von „Friedenslinien“ – Mauern wie in Belfast, um die Bevölkerungsgruppen voneinander zu trennen.

Kritik an Blunketts Äußerungen kam auch von der zehnköpfigen Kommission, die den Bericht erstellt hat. Die Labour-Baronin Uddin sagte: „Seine Bemerkungen ermöglichen es rechtsextremen Gruppen, Frauen die Schuld an den Krawallen zu geben, weil sie kein Englisch können.“

RALF SOTSCHECK