Für Böse ist Bremen Kulturhauptstadt

■ Die drei Kultur-Sprecherinnen feiern ihre kulturpolitischen Erfolge: Neuer GMD Renes kommt, Pierwoß bleibt, die freie Szene ist über die Wettmittel abgesichert

Große Einigkeit herrschte gestern in der Bremer Bürgerschaft bei der Diskussion des Kulturhaushaltes für die zwei kommenden Jahre. Die CDU-Sprecherin für Kultur, Sigrid Koestermann, berichtete vom erfolgreichen „Kampf um die Erhöhung des Kulturetats“, „ich bin stolz darauf“, sagte sie. Die Eckwerte, die der Senat im April 2001 vorgestellt hatte, sahen pro Jahr ca. 10 Millionen Mark weniger für die Kultur vor.

Die SPD-Kollegin Carmen Emigholz fand genauso, man habe „erfolgreich verhandelt“. Und als die Oppositions-Kulturpolitikerin Helga Trüpel davor warnte, 10 Millionen Mark von diesem Geld seien nicht im Haushaot, sondern in einem außerordentlichen „Umbautopf für betriebswirtschaftlich rentable Maßnahmen“, über dessen Kriterien die Kultur-Einrichtungen noch ihre Erfahrungen machen würden, da entwarnte Emigholz: „Die Frage ist, wie man diese Kriterien auslegt.“

Trüpel bemängelte vor allem, dass Bremen sich noch nicht zu einer Bewerbung für die „Kulturhauptstadt“ des Jahres 2010 durchgerungen habe. Das muss den neuen Kultursenator Kuno Böse so gewurmt haben, dass er für alle überraschend erklärte: „Ich werde Bremen als Kulturhauptstadt anmelden“, erklärte er. Im Januar will Böse das Projekt im Senat vorlegen, dann soll auch klar wsein, wie viel Geld das kosten wird. „Sehr viel Geld“, wollte Böse dazu gestern nur sagen. Aber die Anstrengungen mit dem Ziel der Kulturhauptstadt „entsprechen voll meiner Vorstellung davon, was der Stellenwert der Kultur in Bremen ist“, gestand Böse. „Runter reden sollen das doch andere.“

Während Böse als Innensenator eher das CDU-Klientel mit starken Sprüchen befriedigt („Wir brauchen keinen Schill in Bremen, wir haben Böse“), hat er die Kulturszene nicht nur mit den Haushaltsverbesserungen für sich genommen. Für das Theater werden die Tarifsteigerungen im Haushaltsplan abgesichert, die Wettmittel sollen in vollem Umfang der freien Szene zur Verfügung stehen.

Den Theater-Intendanten Klaus Pierwoß, der mit Böse-Vorgänger Bernt Schulte im Dauer-Streit lag, lobt der neue Kultursenator in den höchsten Tönen; das muss als Hinweis darauf verstanden, dass Böse das Dreisparten-Theater erhalten und den Vertrag mit Pierwoß verlängern will. Pierwoß würde gern noch zwei Jahre in Bremen bleiben, bis er in den Ruhestand geht.

Auch beim Philharmonischen Staatsorchster zeichnet sich eine Lösung ab. Als Nachfolger des am 30.6.2002 ausscheidenden Generalmusikdirektor, so freute sich Koestermann, werde man einen „jungen Dirigenten auf dem Weg zur Weltkarriere“ auf fünf Jahre nach Bremen verpflichten.

Es geht dabei um Lawrence Renes, den 30 Jahre jungen Star-Digenten aus Malta, der in den letzten Jahren in Holland Karriere gemacht hat. Renes will aber nur kommen, wenn „mindestens 87 Stellen“ gesichert sind – und zwar nicht nur für zwei Jahre mit den 1,6 Millionen Mark p.a. aus dem „Umbau-Topf“, sondern für seine fünf Vertragsjahre. Renes will auch deutlich mehr als sein Vorgänger in Bremen präsent sein – allerdings formulierte er gegenüber der holländischen Zeitung „de Gelderlander“ als Bedingung, dass dann auch das Soll von 99 Stellen besetzt werden muss. Die Kulturbehörde will zumindest die 87 Stellen garantieren – wenn das Orchester seiner Überführung in eine GmbH zustimmt.

Für die nächsten zwei Jahre ist mit einem Jahresetat von 68 Millionen Euro „die Grundfinanzierung aller Kultureinrichtungen gesichert“, erklärte Koestermann. Das ist mit wenig Verklausulierung die von der Kulturszene geforderte „Bestandsgarantie“. Für das Jahr 2002 müssen aber 900.000 Mark noch eingespart werden, warnte Trüpel vor zu schneller Euphorie, die Kürzungsquote für 2003 beträgt sogar 2,5 Millionen Mark.

Aber insbesondere im Wahljahr wird die CDU kein Interesse haben an selbstquälerischen Kürzungsdebatten – für eine Stadt, die stolz nach der Dachmarke „Kulturhauptstadt“ strebt, würde das ja auch nicht ins Marketing-Konzept passen.

Klaus Wolschner