Sexspielzeug Kind

Eine Million Kinder werden jedes Jahr weltweit zu sexuellen Zwecken verkauft, berichtet das UN-Kinderhilfswerk und fordert „Null Toleranz“

von DOMINIC JOHNSON

Die Gesetzestexte werden besser – die Realität schlimmer. „Millionen von Kindern werden weltweit wie Vieh gehandelt und als Sexsklaven genutzt“, sagte gestern Carol Bellamy, Direktorin des UN-Kinderhilfswerks Unicef. Vor einer internationalen Konferenz über sexuelle Ausbeutung von Kindern nächste Woche in Japan veröffentlichte Unicef einen Bericht zum Thema mit dem Titel „Profiting From Abuse: An Investigation into the Sexual Exploitation of our Children“, der als zentrale Forderung „Null Toleranz“ gegenüber Kinderhandel und Kindersex aufstellt.

Weltweit, so Unicef würden jährlich eine Million Kinder Handelsobjekte zu sexuellen Zwecken. Allein in Indien gebe es 400.000 minderjährige und weibliche Sexsklaven; etwa 300.000 in den USA, 175.000 in Ost- und Zentraleuropa. „Der Sexhandel ist eine Milliardenindustrie“, so der Bericht. „In vielen Ländern treibt die Sexindustrie die Expansion des Tourismus voran und ist eine wichtige Quelle von Deviseneinnahmen.“ Dem Bericht zufolge hat es nur geringe Fortschritte gegeben, seit der letzte internationale Kongress zum Thema 1996 in Schweden gesetzliche Mindeststandards zum Schutz von Kindern aufstellte. „Die meisten nationalen Gesetzgebungen bleiben ungenügend“, bilanziert Unicef. Bis Februar 2001 hätten lediglich 48 Länder der Welt Gesetze verabschiedet, die Menschenhandel zu sexuellen Zwecken verbieten. Selbst dort würden Ermittler nur selten tätig werden, und auch dann seien die Strafen oft unzureichend.

So steht in Malaysia auf Drogenhandel die Todesstrafe, auf Mädchenhandel aber nur fünf Jahre Haft. „Es ist üblicher, die Opfer zu verhaften als ihre Händler oder ihre anderen Ausbeuter“, so Unicef. „Außerdem beschäftigen sich sehr wenige der Gesetze mit den Wurzeln des Sexhandels: Die praktisch allgemeine Nachfrage nach Kindern und jungen Frauen zur sexuellen Ausbeutung und die niederschmetternde Armut, die das Angebot an Kindern und Frauen generiert.“

Auf internationaler Ebene sind die Fortschritte ebenso zäh. Im Mai 2000 verabschiedete die UN-Generalversammlung ein Zusatzprotokoll über Handel und Prostitution zur UN-Kinderrechtskonvention. Bis zum 21. September hatten 88 Länder das Protokoll unterzeichnet – und nur drei hatten es ratifiziert.

„Eine internationale Anstrengung zur Eindämmung der Nachfrage“ nach Kindern sei nötig, um das Problem zu bekämpfen, so Unicef. Wichtig sei auch Bildung, die „Kinder ermächtigt, sich gegen Missbrauch zu schützen, und ihnen Fertigkeiten gibt, mit denen sie ihr Leben verändern und verbessern können“.

Die Unicef-Studie und die Konferenz in Japan kommen parallel zu einer internationalen Kampagne der Menschenrechtsorganisation terre des hommes gegen Kinderhandel, die Ende Oktober gestartet wurde. „Kinderhandel ist ein Verbrechen, das als solches benannt und verfolgt werden muss“, erklärte damals die Organisation, die vor allem in Westafrika Bemühungen zur Eindämmung der Praxis unterstützt.