Wie wasche ich meine D-Mark?


von KATHARINA KOUFEN

Wer viel Bargeld gehortet hat und seine D-Mark-Scheine bis Jahresende nicht losgeworden ist, hat ein Problem: Mit D-Mark kann ab März 2002 nicht mehr bezahlt werden, und Reste tauschen nur noch die Zentralbanken ein. Die müssen aber, wie alle deutschen Banken, Meldung ans Finanzamt machen, wenn jemand mehr als 30.000 Mark bar einzahlen möchte. Denn viel Bargeld zu haben, ist verdächtig. Der einzige Vorteil, Geld nicht auf der Bank zu deponieren oder in Aktien zu stecken, liegt darin, dass niemand registriert, wie viel Geld man hat – und womöglich fragt, woher. Zum Beispiel aus Drogendeals, Waffenschmuggel oder dem Handel mit Prostituierten. Aber auch aus den Feierabendjobs ganz gewöhnlicher Handwerker, die „schwarz“ Fliesen gelegt und Wände gestrichen haben. Sie alle müssen ihr Schwarzgeld bis zur Euro-Einführung loswerden. Wir erklären ihnen, wie das geht:

1. Fahren Sie mit ihrem Bargeld ins Ausland. Es muss nicht gleich eines dieser Steuerparadiese in der Karibik sein – Österreich tut es auch. Eröffnen Sie dort ein Goldfingerkonto. Sie zahlen dann nicht mit ihrem guten Namen, im Gegenteil: Ein Fingerabdruck unter Ein- und Auszahlungen reicht, Ihr Name, gut oder nicht, interessiert niemanden. Ansonsten bieten sich die Klassiker Luxemburg, Liechtenstein und die Schweiz an. Wo man vornehme Diskretion noch zu schätzen weiß und das Bankgeheimnis bisher unantastbar ist.

2. Kleiden Sie sich unauffällig. Leichte Wanderkleidung wirkt harmlos, passt aber nicht zu prallen Aktentaschen, falls Sie Ihr Geld auf diese Weise transportieren wollen. Achten Sie also auf Stringenz: Wer eine Goretex-Jacke trägt, sollte seine Tausender im Rucksack befördern. Tupperdosen bieten sich wunderbar für die Stückelung, etwa in Zehntausendern, an.

3. Nehmen Sie Ihre Familie mit. Hier gilt: Je mehr kleine Kinder, desto besser. Wenn Sie mit der Bahn fahren, reservieren Sie rechtzeitig genügend Sitzplätze im Kleinkinderabteil. Da trauen sich Zollbeamte sowieso nicht hinein. Stellen Sie Ihre Kinder zur Sicherheit trotzdem ruhig – nicht, dass ihr Jüngster im falschen Moment mit den falschen Worten den Mund aufreißt. Denken Sie aber daran, nur am Wochenende oder zu Schulferienzeiten zu fahren.

4. Stopfen Sie Ihren Kofferraum mit Gepäck voll. Wenn Sie dann noch drei nölende Kinder auf der Rückbank haben und um die Weihnachtszeit unterwegs sind, glaubt Ihnen jeder, dass Sie in Winterurlaub fahren. Auch für Bahnreisende gilt: Je mehr Gepäck, desto unverdächtiger. Oder gar kein Gepäck, denn ohne Aktentasche oder zumindest eine Plastiktüte lassen sich Berge von Geldscheinen nicht transportieren. Verdächtig sind hingegen motorisierte Männer, die ohne Taschen und Anhang aus Norddeutschland für einen Tag über die Schweizer Grenze fahren. Ganz junge Männer fallen übrigens weniger schnell ins Verdachtraster als Herren ab 30; schließlich brauchen die meisten ein paar Jahre, um größere Summen Schwarzgeld anzuhäufen.

5. Glauben Sie nicht, Kleinwagen seien unverdächtig. Weil viele Fahrer meinen, einem teuren BMW sieht man an, dass er teuer ist, dass also sein Besitzer über das nötige Kleingeld verfügen muss und das womöglich aus zweifelhaften Quellen stammt, borgen Sie sich lieber einen alten Golf. Aber da halten Sie die Grenzbeamten für dümmer, als sie sind. Einer, der an der Schweizer Grenze in Weil am Rhein arbeitet, sagt: „Heute ist es doch viel mehr Normalfall, wenn jemand Mercedes fährt.“

6. Binden Sie sich die Tausender nicht um den Bauch. Das haben zwei Bayern getan – und wirkten damit so dick, dass die Grenzbeamten sofort misstrauisch wurden.

7. Für Autofahrer: Verstecken Sie Ihr Geld nicht unter der Fußmatte oder hinter einem Lautsprecher. Denn das tut jeder. Da schauen die Beamten sofort nach. Wenig originell ist auch der Büstenhalter: Eine Zollbeamtin – denn nur Frauen dürfen Frauen an die Wäsche – zog einmal an der Grenze nach Luxemburg 136.000 Mark aus einem BH.

8. Für Bahnfahrer: Verstecken Sie Ihr Geld nicht im ICE-Mülleimer. Diesen Trick kennen Grenzbeamte längst: von den Drogenschmugglern. Außerdem lässt sich ein Paket mit 500 oder mehr Tausendmarkscheinen weniger leicht verbergen als ein Umschlag mit Heroin. Womöglich macht sich dann noch Ihr Sitznachbar mit dem Geld aus dem Staub, während er einen Klobesuch vortäuscht. Auch Verstecke, die sich „mit einem einfachen Vierkantschlüssel öffnen lassen“, sind nach Einschätzung des bei Basel gelegenen Lörracher Zollamts für Grenzbeamte längst Routine.

9. Drohen Sie mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde. Da jagen Sie den Zollangestellten aber Angst ein! Einer, der in der Grenzstadt Basel Reisende kontrolliert, weiß: Im Zug beschweren sich die Leute eher, „weil sie Zeit haben, Frust aufzubauen“. Seien Sie sich bewusst, dass es für die meisten Beamten ganz schön unangehnem ist, Fahrgäste der Bahn vor allen Mitreisenden des Geldschmuggelns zu verdächtigen.

10. Schließen Sie eine Lebensversicherung ab. Zahlen Sie die Prämie in bar ein – mindestens 100.000 Mark. Die Versicherung wird Sie später auszahlen – in Euro. Vorsicht: Das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen prüft „stichprobenartig“.

11. Kaufen Sie ein Haus an der Costa del Sol. Zwar sind die Immobilienpreise in Spanien seit Anfang des Jahres ziemlich gestiegen – „Geldwäsche in der Immobilienbranche“, sagt Werner Becker, Ökonom bei der Deutschen Bank, dazu. Und nächstes Jahr, wenn Sie und Ihre Kollegen Ihre Fincas mit Meerblick wieder abstoßen, werden die Preise gewaltig purzeln. Aber dafür lassen Sie sich dann ganz legal in Euro bezahlen – und sind die lästigen Moneten los. Woher stammen die eigentlich? Drogenschmuggel? Mädchenhandel? Visa an arme Rumänen verkauft? Oder gar Auftragskillerei?

12. Kaufen Sie eine Yacht. Erstens passt das zum Haus am Meer, zweitens liegen Sie damit voll im Trend. Das hat sich auf der diesjährigen „Boot“-Messe in Düsseldorf gezeigt. „Noch nie wurden so viele Schiffe in bar gezahlt wie dieses Jahr“, staunte in Nordrheinwestfalens Hauptstadt der Euro-Beauftragte des Landeskriminalamts, Sigfried Lantermann. So eine richtig schicke Yacht kostet siebenstellig – ein Haufen Geld, den Sie sich mit einem Schlag vom Hals schaffen. Obendrein sparen Sie sich den Notar, der beim Hauskauf zumindest in Deutschland Probleme machen könnte.

13. Kaufen Sie ein Auto. Für einen aufgemotzten Ferrari, Maserati oder Mercedes mit Flügeltüren werden Sie locker eine halbe Million Schwarzmark los.

14. Kaufen Sie Schmuck. Schenken Sie Ihrer Liebsten einen Diamantring oder Ihrem Angebeteten eine goldene Uhr. Oder einen echten Rembrandt.

15. Werfen Sie öfters mal einen Blick in die Presse, sehen Sie fern. „Die folgende Sendung ist nicht für Finanzbeamte gedacht“ – wenn eine Fernsehwerbung so anfängt, wie derzeit der „Ich bin’s, Blue“-Spot im Vorabendprogramm, dann sollten Sie hinhören. Da hält man Sie auf dem Laufenden, was in Sachen Geldwäsche und Steuerhinterziehung gerade angesagt ist. Nicht von ungefähr hat der „Bargeldtransport ins Ausland“ sich im letzten Jahr verdreifacht. Für dieses Jahr rechnet die Staatsanwaltschaft Frankfurt damit, dass sich die Zahl der angezeigten Fälle verdoppelt.

16. Wenden Sie sich an einen Makler. Wundern Sie sich aber nicht, wenn der Experte in der dritten Person Singular mit Ihnen redet. So, als hätten seine Tipps gar nichts mit Ihnen zu tun. Als erzähle er von einem beliebigen Kunden, der „schon jetzt eine größere Summe D-Mark in Euro tauschen will“ – von „Geldwaschen“ spricht ein seriöser Berater nicht.

17. Bleiben Sie ruhig – alles wird gut. Erstens haben Sie gute Chancen, mit einem erträglichen Bußgeld davonzukommen, wenn man Sie an der Grenze tatsächlich fragt, ob Sie mehr als 30.000 Mark dabeihaben. Sagen Sie einfach Ja, sonst hängen Ihnen die Beamten in jedem Fall ein Bußgeld an, weil Sie gelogen haben. Dann muss Ihnen erst mal jemand nachweisen, dass es sich um Schwarzgeld handelt. Gut, Sie werden Steuern nachzahlen müssen, was übrigens nur recht und billig ist – schließlich muss den gesamten Beamtenapparat, den man braucht, um Leuten wie Ihnen auf die Schliche zu kommen, auch jemand bezahlen. Und zweitens: Die allerwenigsten Geldschmuggler werden geschnappt.