Alte und neue Zapatisten

■ Mexikanische Filmtage im 3001: Zur Dokumentation „Die letzten Zapatisten“ eine Lesung aus „Yo Marcos“

„So sagen zum Beispiel die Alten, die tief im Inneren des Urwaldes wohnen, dass Zapata nicht gestorben ist, sondern sich in Chiapas versteckt hält.“ Diese Sätze von Subcomandante Marcos, dem Sprachrohr der mexikanischen EZLN, könnten ebenso gut von einem der zapatistischen Veteranen der Mexikanischen Revolution Anfang des 19. Jahrhunderts stammen. Und tatsächlich bezweifeln einige der alten Revolutionäre, die in dem Dokumentarfilm Die letzten Zapatisten zu Wort kommen, dass Emiliano Zapata 1919, als er in eine Falle der Militärs ging, wirklich ermordet wurde.

Regisseur Francesco Taboada hat für seinen Film erstaunlich viele noch lebende Revolutionsteilnehmer gefunden: Fast 100-Jährige berichten von der „schwierigen“ Zeit, sie demonstrieren an ihren alten Gewehren oder mit Hilfe eines Stocks, wie sie es mit den Konterrevolutionären aufgenommen haben. Sie erzählen von Zapata, den sie als Volkshelden bis heute verehren, aber auch von der jüngsten Zeit, in der ein neoliberaler Kurs noch die letzten Errungenschaften ihres Kampfes zunichte gemacht hat.

Eizelne von ihnen haben die EZLN in Chiapas besucht, mit den Indios dort gesprochen oder sie beraten. Doch auch, wenn die Neozapatisten an die Ideale der Mexikanischen Revolution – Land und Freiheit – anknüpfen, ist Gewalt, in der einige der Alten noch heute die einzige Chance auf Veränderungen sehen, nicht ihre Sache. Die mexikanische Journalistin und Aktivistin Marta Duran de Huerta hat 1994 zahlreiche Gespräche mit Marcos geführt, aus denen sie einen Fließtext destilliert und veröffentlicht hat. Vorgetragen in der dichten, poetischen und humorvollen Sprache des „Sub“ sind dort die wesentlichen Ziele und die Vorgehensweise der Bewegung festgehalten.

Mit einem ausführlichen aktualisierenden Nachwort Duran de Huertas versehen, ist der Text nun im Nautilus Verlag erschienen. Leider drückt sich die Zusammenfassung der letzten sechs Jahre ein wenig um eine politische Einschätzung der heutigen Situation. Denn was Mitte der 90er als erste größere Bewegung gegen Globalisierung und Neoliberalismus nicht nur in Mexiko, sondern tatsächlich weltweit für großen Wirbel sorgte, ist inzwischen im Inland erheblich zermürbt und für die Weltöffentlichkeit unbedeutend worden. Einen Anfang, das zu ändern, wird Hanna Mittelstädt vom Nautilus Verlag machen, wenn sie heute Abend mit Auszügen aus dem Buch und vielleicht einem Bericht von eigenen Reisen nach Chiapas die Bedeutung der EZLN in Erinnerung ruft.

Christiane Müller-Lobeck

Lesung und Film: heute, 20 Uhr, 3001

Marta Duran de Huerta, Yo Marcos – Gespräche über die zapatistische Bewegung, Nautilus Verlag 2001, 126 S., 19,80 Mark