■ Urdrüs wahre Kolumne
: Hungern mit & ohne Mausklick

Der finale Vorhang für Harald Juhnke scheint gefallen, das Literarische Quartett echauffiert sich heute in seiner letzten Runde. Nostradamus feiert just an diesem Tag seinen 498. Geburtstag, und im Olbers-Planetarium wird ab 19 Uhr die aktuelle Jupiter/Saturn-Konstellation vorgeführt: muss Folter-Mabuse Andreas Kreiter von der Bremer Uni wirklich noch deutlichere Zeichen bekommen, um seine affenschänderischen Tierversuche endgültig einzustellen und diese Stadt samt Sack und Pack zu verlassen? Hinterher heulen und sagen, wenn ich das gewusst hätte, dann ... – das hilft dann überhaupt nix!

Skinheads sind bekanntlich so aggressiv, weil sie niemanden haben, der ihnen übers Haar streicht. Warum aber reagiert ein original Bremer Weihnachtsmarkthändler so fuchsteufelswild, wenn man ihn freundlichst darauf hinweist, dass er den Glühweinbecher gerade mal bis Zweidrittel gefüllt hat? „Wir sind hier doch nicht auf dem Basar, wo jeder handelt, wie er will!“, hat er gewütet. Und sich dann beim unwilligen Nachschenken die heiße Brühe über die Fingerlein gegossen. Tut mir ja auch leid, aber sowas kommt von das!

Zum Internationalen Tag der Menschenrechte wurde im nördlichen Rhododendronpark der zweite Eingang für den „Bremer Garten der Menschenrechte“ eröffnet. Was mag uns da blühen? Und wer wird als Gärtner die schönsten Pflanzen als Unkraut vernichten? Hauptsache, das Ausländeramt bekommt dort keine Grillecke!

Eine besonders eklige Variante weihnachtlich-wohltätiger Schleimerei scheint mir ein Projekt zu sein, das sich als www.thehungersite.de im Netz der Netze tummelt und auf seiner Weltkarte alle 3 oder 4 Sekunden ein Land dieser Erde verdunkelt, wo gerade jemand an Hunger stirbt. Der betroffene Surfer klickt dann „Give free food“ an und schon passiert ein Wunder, wie es selbst unser Herr und Heiland bei der Speisung der 5000 nicht vermochte: „Sponsoren aus der Wirtschaft greifen das Signal für die Mahlzeit auf und bekommen dafür freie Werbung auf der Seite. Ein Klick bringt alte Barrieren zum Einsturz, die Wirtschaft wird mit dem Einzelnen verbunden, und 800 Millionen Arme und Hungernde werden so mit Nahrung versorgt ...“, behauptet ein Mr. Tun Myat von der Abteilung für Ressourcen des Welternährungsprogramms. Mausklick statt anti-imperialistischer Kampf: Diese Vision dürfte in der gemeinsamen Marketingabteilung von Weltbank, CIA und Microsoft entstanden sein, vermutlich mit Sponsoring durch Weightwatchers International ...

Ein gutes Bewusstsein für politische Dimensionen zeigte einer der Waller Mittelständler, die am vergangenen Sonntag ihren kleinen Nikolaus-Markt am Waller Ring aufbauten und der dabei angesichts der Witterung klagte: „Für das Scheiß-Walle-Center hätte es bestimmt schönes Wetter gegeben – und die sind nicht mal drauf angewiesen, aber so ist das eben in Bremen!“

Kommt es heute auf dem Rollfeld des Bremer Flughafens zur Deportation libanesischer Flüchtlinge, oder treffen die Menschenrechtspiloten noch rechtzeitig in Überzahl ein? Wie wird Knecht Ruprecht mit den Prügelbullen umgehen, die den Tim Koehne in der Silvester-nacht 2000 zusammenschlugen? Welche Trends bestimmen heuer den Baumschmuck, und was kostet der laufende Meter Nordland-Tanne? Fragen, die Dir keine Zeitung und keine Glotze erschöpfend beantworten: Draußen vor der Tür liegt die Front der Erkenntnis, prophezeit mit Blick auf den 3. Advent.

Ulrich
„Amos“ Reineking