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: Tragisches Eigentor

Wer so handelt, will keinen Frieden: Einsperren und für irrelevant erklären – schlimmer konnte man Jassir Arafat und damit die Palästinenser gar nicht demütigen. Was der israelische Premierminister Ariel Scharon als Akt der Selbstverteidigung verkaufen will, ist in Wirklichkeit ein Angriff: auf die palästinensische Autonomiebehörde, den Friedensprozess und jeden noch so kleinen Fortschritt, der seit dem Sechstagekrieg 1967 zwischen den beiden Konfliktparteien zustande gekommen ist. Aber für Israel ist es auch ein Eigentor.

Kommentarvon YASSIN MUSHARBASH

Scharon behauptet, er wolle mit dem Einmarsch in das Autonomiegebiet für die Sicherheit der israelischen Bevölkerung sorgen. Die Palästinenser selbst seien dazu nicht willens. Es ist zwar richtig, dass die palästinensischen Behörden nicht alles in ihrer Macht Stehende getan haben, um den Terrorismus auszuschalten. Und es ist legitim, dies einzufordern. Doch der Glaube Scharons, mit einem Militäreinmarsch und ein paar Hausdurchsuchungen alle potenziellen Terroristen Palästinas mit einem Streich ausschalten zu können, bleibt eine Illusion.

Scharons Politik wird nicht zu mehr Sicherheit führen, sondern zu mehr Toten. Mit der Wiederbesetzung des Autonomiegebietes provoziert Israel einen Guerillakrieg. Die vor dem Einmarsch von Arafat verhängten Maßnahmen gegen die islamistischen Organisationen Hamas und Dschihad wurden bereits wieder aufgehoben. Für die Extremisten unter den Palästinensern ist der israelische Einmarsch eine lange herbeigesehnte Vorlage. Jetzt können sie bomben, wie es ihnen gefällt – ohne auf den machtlosen Arafat Rücksicht nehmen zu müssen.

Die drängendste Frage lautet jetzt: Wird die Weltöffentlichkeit zulassen, dass Scharon den Nahen Osten in einen offenen Krieg führt? Der israelische Premier versucht, unter dem Deckmantel der Terrorbekämpfung seine inakzeptablen Vorstellungen von einer „Friedensordnung“ für Nahost mit Gewalt umzusetzen. Was Scharon am liebsten hätte: eine Hand voll kleiner, isolierter palästinensischer Homelands.

Das wäre auf lange Zeit das Ende für einen palästinensischen Staat, dessen Existenzrecht niemand außer Israel in Frage stellt. Dass sowohl USA als auch EU erklären, für sie sei Arafat nach wie vor der palästinensische Ansprechpartner, ist nicht ausreichend, sondern selbstverständlich. Diesmal ist es Ariel Scharon, der zu der Einsicht gezwungen werden muss, dass an Verhandlungen kein Weg vorbeiführt.