In dem Halm steckt was drin

■ Bambus gewinnt als Rohstoff immer mehr Beliebtheit: Es ist glatt und warm, härter als Holz, zugfester als Stahl – und auch noch ökologisch. In Achim will eine Initiative deshalb den Anbau besonders fördern

Was haben Möbel mit Filtertüten und Bier gemeinsam? Und was verbindet Flugzeuge, Parkett und Gemüse? Sie könnten das gleiche Ursprungsmaterial haben: Bambus.

In Deutschland kennen wir Bambus oft nur als Zier- und Gartenpflanze, die ihre immergrünen Blätter im Wind bewegt. Bambus kann jedoch weit mehr als nur hübsch dastehen.

In Achim bei Bremen gründete Götz Schmitt deshalb Anfang November eine Initiative, die die Erforschung, Verbreitung und Herstellung von Bambus fördern soll. Der Unternehmer möchte in Achim ein Kompetenzzentrum aufbauen, das Grundlagenforschung rund um den Bambushalm betreibt. Denn für Schmitt steckt in diesem Halm einiges drin. „Man kann aus Bambus nicht nur Möbel bauen, auch Pflege- und Nahrungsmittel, Getränke, Baumaterialien und Bodenbeläge können wir aus dem Stoff gewinnen“ erklärt er.

Deutsche Wohnzimmer schmückt immer öfter ein Parkett aus Bambus statt aus Eiche und Co. Auch im Technologiezentrum der Uni Bremen liegen Bambusdielen. Untersuchungen zufolge sind sie härter als Eiche. Und Betten und Regale aus Bambus sehen nicht nur schön aus, sie fühlen sich auch glatt und warm an.

Klaus Steffens von der Universität Bremen rät jedoch vom Bambus als Allzweckbaustoff ab. „In unseren Gefilden regnet es zuviel.“ Bambus sei nicht wasserresistent. Wenn der Regen direkt auf ihn prasselt, verändert sich das Material. Für Deutschland also ein Indoor-Stoff. Denn wer Bambus drinnen benutzt, muss ihn nicht behandeln. Durch eine natürliche Lackschicht ist Bambus unempfindlicher als Holz.

„Entdeckt“ hat Schmitt den vielseitigen Rohstoff in China. „Dort ist Bambus ein Allzweckmaterial“, erzählt er. „Es ist widerstandsfähig und flexibel zugleich.“ Deshalb werden in Asien Hochhäuser mit Bambus eingekleidet; ganze Baugerüste sind aus dem zähen Material. In Lateinamerika werden Häuser aus Bambus gebaut.

In Europa wächst Bambus in Südfrankreich. Dort befindet sich der größte Bambuswald unseres Kontinentes.

Es gibt rund 100 Bambusarten, von streichholzdünnen bis zu dreißig Zentimeter dicken und fünfzig Meter hohen Halmen. Aus einer Wurzel können innerhalb von zwei Jahren 200 Rohre wachsen. Manche seltene Arten wachsen an einem einzigen Tag bis zu einem Meter. Damit ist Bambus die schnellstwachsende und härteste Pflanze der Welt.

Da Bambus auch in Europa gut gedeiht, möchte Götz Schmitt den Anbau in strukturschwachen Regionen wie Portugal gefördert sehen. Er sieht im Anbau die Chance einer Ressourceneinsparung. „Weil Holz immer rarer wird, ist Bambus eine echte Alternative.“ Das sagt auch Stephan Leenen von der Stadt Achim: „Damit hätten wir einen Rohstoff, der andere ersetzen kann.“ Nicht ganz so ökologisch findet Eckart Schwab, Mitarbeiter der Bundesforschungsanstalt für Holz- und Forstwirtschaft, den Bambus in deutschen Wohnzimmern. „Bis jetzt ist es ökologisch sinnvoller, Holz aus dem Harz zu holen, statt Bambus aus Lateinamerika“, erklärt der Holztechnologe. Bambus sei da gut, wo es an Holz mangelt. Trotzdem sieht Stefan Leenen im Bambusgras „eine Alternative für die Verwendung von Tropenholz“. Bis heute befindet sich die Initiative noch in der Brainstorming-Phase. Unter bestimmten Bedingungen würde der Wirtschaftsbeauftragte der Stadt das Projekt gerne fördern.

Melanie Haselhorst

Infos unter www.bambuswelt.de