Die Strohfrau nascht am Kaviar

Seit ihrem verpatzten Auftritt mit den Clintons vor sieben Jahren hält sich Veronica Berlusconi in der Öffentlichkeit zurück. Dafür dient sie ihrem Gatten Silvio nun als Hauptgesellschafterin bei Medienunternehmen, die dieser sonst gar nicht haben dürfte

von NINA ROTHENBERG

Wenn Silvio Berlusconi euphorisch wird, vergleicht er sich gern mit heroischen Mythen der Geschichte wie dem byzantinischen Eroberer Justinian, ohne zu bedenken, dass dieser beim Versuch Italiens vergangene Glorie wiederherzustellen, vor allem Schrott und Ruinen hinterließ.

Die Fettnäpfchen des italienischen Ministerpräsidenten, sein überschwenglicher Größenwahn und die zwanghaft vorgetragene Selbstironie verleihen ihm das joviale Image eines Renaissancefürsten, und wie für die verwöhnten Prinzen der Ära sind Frauen zentraler Bestandteil Berlusconis Gewinnernatur.

Vor allem schön müssen sie sein, doch tugendhaft, wohlgerunded und diskret, intelligent, aber auf leise Weise. Gern zeigt sich Berlusconi von schönen Frauen in der lachenden Pose des Medienmagnaten, der er im Nebenberuf ja auch noch ist.Doch während er die Politik seines Landes seit sieben Jahren entscheidend prägt und zumindest in den eigenen Medien allgegenwärtig ist, sieht man die First Lady kaum.

Sie nennen sie die „unsichtbare Dame“, Veronica Berlusconi, alias Veronica Lario, geborene Miriam Bartolini und Ehefrau des italienischen Premierministers. Geboren in Bologna als Tochter einer alleinerziehenden Kaufhausangestellten machte sich die schöne Veronica als Schauspielerin in Erotikfilmen schnell einen Namen. Liebe auf den ersten Blick soll es gewesen sein, erklärt der 65-jährige Berlusconi gern, der damals noch mit Carla Elvira Dall’Oglio verheiratet war. Wie vom Blitz getroffen, sei er gewesen, als er die damals noch schwarzhaarige 23-jährige, barbrüstig im Theaterstück „Der wundervolle Hahnrei“ erblickte.

Betört von ihrer Schönheit und später eingenommen von ihrer Persönlickeit, kauft ihr Berlusconi ein Luxusapartment in Mailand und heiratet sie, nachdem die Scheidung von Carla Elvira schnell und finanzstark abgewickelt ist. Seitdem erfüllt Veronica ihre Rolle als die diskrete Frau an seiner Seite. Heute haben die beiden – Hochzeitstag.

Solch demonstrative Öffentlichkeitsscheu nährt natürlich die Gerüchteküche. Abgeschieden und geheimnisumwittert sei die 45-jährige eine Gefangene ihres Lebens mit Berlusconi, schrieb La Repubblica. Mit kritischem Auge sähe sie die Politik ihres Ehemannes, sei gar eine Dissidentin von Forza Italia, der Partei Berlusconis, und eher links als rechts. Medial betätigt sie sich immerhin als Strohfrau ihres Gatten: Als Mehrheitsaktionärin der rechtsintellektuellen Tageszeitung Il Foglio (siehe Text unten). Natürlich ohne auf den Inhalt des Blattes Einfluss zu nehmen.

Nach der ersten Wahl Berlusconis 1994 hatte sie betont, sie wolle keine italienische Hillary Clinton sein. Nach dem Treffen des frisch gekürten Premiers und seiner Frau mit den Clintons hatte es damals Kritik gehagelt. Mit der riesigen Gucci-Sonnenbrille, der strohblonden Mähne und den hohen Hacken wirkte Veronica Lario neben Hillary Clinton wie eine Anita Ekberg für Arme und unterstrich damit noch das ominöse Image ihres Mannes.

Seitdem hat sie jegliche Repräsentationspflichten abgelehnt. „Ich bin seine Gefährtin und nicht die First Lady von Forza Italia“, erklärte sie nach dem Wahlsieg ihres Mannes am 13. Mai kategorisch.

Die kühle Gigantonomie des Palastes Macherio, wo sie mit ihren drei Kindern lebt, während Berlusconi in Rom die Zukunft seines Landes mit seinen Privatinteressen zu verquicken versucht, nähren das Mysterium. In ihrem „ökologischen Schloss“ beschäftigt sie sich mit biodynamischem Gartenbau, Tieren und antiken Möbeln. Der TV-Konsum der Berlusconi-Sprösslinge ist streng rationiert, zur Schule geht’s nach den Lehren von Rudolf Steiner. Die First Lady gibt zu, wenige Freundinen zu haben, und da jeder Ausgang mit erheblichen Sicherheitsvorkehrungen verbunden ist, zieht sie es vor, Zuhause zu bleiben.

Gelangweilt soll Veronica Berlusconi sein – vom Gewinnerimage ihres Mannes und vom Luxus. Bei einem kürzlichen Festbanquet im Hause Berlusconi soll sie auf die befremdete Frage ihres Gatten „Warum gibt es denn Kaviar?“ maliziös geantwortet haben „Aber Schatz, wir sind doch reich.“