So viel Lob war lange nicht mehr

Berlins Kulturelite wünscht sich, dass die Kultursenatorin weitermacht. Die Architektenschaft „will das“, meint deren Präsident. Der Rat der Künste stößt ins gleiche Horn. Und Andreas Nachama hofft auf Einsicht in die Notwendigkeit

Niemand will „nein“ sagen. Keiner wünscht sich die unseligen Zeiten blumiger Reden zurück, wo auf der Ebene von lässigen Talkshows und Events Kulturkulturpolitik verhandelt wurde. Alle sagen: „Sie soll weitermachen.“ Die Berliner Kulturschaffenden setzen auch im neuen Senat auf eine Kultursenatorin mit dem Namen Adrienne Goehler. Die Arbeit der Senatorin in der Kultur- und Wissenschaftsverwaltung wird wegen ihrer Sachlichkeit geschätzt. Niemand zweifelt daran, dass Goehler durch diese auch in einer rot-roten Regierung bestechen könnte. Und selbst das Parteibuch wäre kein Hindernis. Goehler ist parteilos – auch wenn jeder ihre Nähe zu den Grünen kennt.

Angesichts der Koalitionsverhandlungen und dem nahenden Personalkarussell wünschen sich jetzt ganz offensiv Berliner Kulturschaffende den Verbleib Goehlers im Amt über das Jahr 2002 hinaus. „Der Rat der Künste“, sagt deren Vorsitzende Nele Hertling, „braucht jemand, mit dem man arbeiten kann – und mit ihr kann man arbeiten.“ So habe der Kunstbeirat bei ihr einen „produktiven Dialog“ erfahren. Zugleich sei nach dem ständigen Wechsel in der Kulturverwaltung, mit vier Senatoren in nur zwei Jahren, „endlich Kontinuität gefragt“, meint Hertling. Und Goehler habe begonnen, dies nicht nur personell, sondern inhaltlich zu gewährleisten.

Die neuen Koalitionspartner SPD und PDS, schlägt Andreas Nachama, geschäftsführender Direktor der Stiftung „Topographie des Terrors“, vor, „sollten sich überlegen“, ob sie nicht auch mit Goehler weitermachen wollten. Aus seiner Sicht habe es mit der Senatorin „nur positive Erfahrungen gegeben“. Mit ihrer „zupackenden Art“ habe sie sich in den vergangenen Monaten Respekt verschafft und dies durch „Sachpolitik“ vermittelt – etwa bei ihrem unspektakulären und parteiübergeifenden (mit SPD-Bausenator Strieder) Einsatz für den Weiterbau des NS-Dokumentationszentrums.

Peter Sauerbaum, Geschäftsführer des Jüdischen Museums, schlägt in die gleiche Kerbe. Das Museum habe bislang gut mit der Senatorin zusammengearbeitet und wäre froh, „dies auch in Zukunft fortsetzen zu können“. Und nicht nur der Verband der Bildenden Künstler, auch der Präsident der Berliner Architektenkammer, Cornelius Hertling, setzt auf Kontinuiät. Die Architektenschaft, sagt Hertling, „will das“. Konkret habe die Senatorin – „ganz anders als ihre Vorgänger“ – sich für den Erhalt des Studentendorfs Schlachtensee eingesetzt, so dass jetzt die Chance bestehe, dieses zu sanieren. Zudem habe sie in der Frage der Schlossplatzbebauung die „unsägliche Rekonstruktionsoption“ nicht zu ihrer Sache gemacht. Schließlich, meint der Präsident, wäre es „doch gut, wenn der neue Senat sich politisch erweitern würde“.

Gute Ratschläge und Wünsche sind eine Sache. Die andere ist, ob Goehler überhaupt als Quasi-Grüne und ohne politische Hausmacht das Amt zwischen SPD und PDS besetzen will, analysiert Sabine Weißler, Kulturamtsleiterin in Steglitz-Zehlendorf. Parteilose Kultursenatoren, wie etwa Ulrich Roloff-Momin, seien zwischen den Parteiinteressen zerrieben worden. Dennoch plädiert auch sie für die Fortführung, sei Goehler doch als einstige Präsidentin der Hamburger Kunsthochschule eine erfahrene Kennerin des Wissenschaftsbetriebs und dessen Strukturen. ROLA