Kein Sonderschutz für CDU-Abgeordneten

Klage abgewiesen: Bundesverfassungsgericht sieht Rechte des CDU-Abgeordneten Ronald Pofalla nicht verletzt. Aufhebung der Immunität und Hausdurchsuchungen sind möglich – auch drei Tage vor einer Landtagswahl

FREIBURG taz ■ Es bleibt dabei: Die Immunität von Abgeordneten dient vor allem dem Schutz des Parlaments und nicht den Volksvertretern selbst. Dies erklärte gestern das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe und lehnte damit eine Klage des CDU-Abgeordneten Ronald Pofalla ab. Er wollte erreichen, dass der Bundestag künftig genau prüft, bevor er die Immunität eines Abgeordneten aufhebt.

Konkret sah sich Pofalla in seinen Rechten als Abgeordneter verletzt, weil der Bundestag in einer Steuersache der Durchsuchung seiner Wohn- und Arbeitsräume zugestimmt hatte. Später stellte allerdings das Landgericht Kleve fest, dass die Durchsuchung rechtswidrig war, weil kein ausreichender Verdacht für eine Straftat bestand. Brisant war der Fall vor allem deshalb, weil Pofalla im NRW-Wahlkampf als Schatten-Justizminister der CDU fungierte und die Durchsuchung im Mai 2000 drei Tage vor der Wahl stattfand. Pofalla sprach von „tendenziöser“ Strafverfolgung. Später entschuldigte sich Justizminister Jochen Dieckmann (SPD) und entließ seinen Generalstaatsanwalt.

Auf Bundesebene hat die Affäre nun aber keine Folgen. Die Aufhebung von Pofallas Immunität durch den Bundestag wurde vom Bundesverfassungsgericht nicht beanstandet. Der Antrag der Staatsanwaltschaft auf Genehmigung der Durchsuchung sei „nicht offensichtlich unschlüssig“ gewesen, stellte der Zweite Senat des Gerichts fest. Es sei dem Bundestag nicht zuzumuten gewesen, die komplizierten steuerrechtlichen Vorwürfe im Einzelnen zu prüfen. Auch eine Rückfrage bei Pofalla wäre nicht sinnvoll gewesen, da sie den Erfolg der Durchsuchung hätte gefährden können.

Zwar sei die Polizeiaktion drei Tage vor der Landtagswahl „besonders sensibel“ gewesen, das räumte auch Karlsruhe ein. Dieser Umstand allein reiche aber nicht aus, um das Strafverfahren als willkürlich gelten zu lassen, betonten die Richter. Doch Pofalla scheiterte nicht nur in eigener Sache. Auch sein Versuch, der parlamentarischen Immunität einen neuen Sinn zu geben, fand in Karlsruhe keinen Anklang. Pofalla hatte damit argumentiert, dass Abgeordnete wegen ihrer öffentlichen Rolle und ihrer Vorbildfunktion besonders vor Strafverfolgung geschützt werden müssten. Doch der Senat hielt an der traditionellen Auffassung fest, dass die Immunität „vornehmlich das Parlament als Ganzes, nicht den einzelnen Abgeordneten“ schütze.

Prüfen müsse der Bundestag nur, ob die Exekutive versuche, durch eine „bewusst sachfremde Strafverfolgung“ die repräsentative Zusammensetzung des Parlaments zu verändern. Unerheblich sei für den Bundestag dagegen, ob ein Abgeordneter durch Polizeimaßnahmen in seinen Wahlchancen bei einer Landtagswahl behindert werde. Hier gebe es nur den normalen Schutz der Gerichte – wie für Normalbürger auch. CHRISTIAN RATH