Sozial ist das Unwort 2002

Haushalt vorgelegt: Alles, was nicht Innere Sicherheit ist, erspart sich Schwarz-Schill. Die Kita-Ermäßigung fällt auch weg  ■ Von Peter Ahrens

Die meisten Umfälle passieren im Haushalt. „Alles, was wir hier nicht als Schwerpunkte aufgeführt haben, wird nicht umgesetzt“, sagt Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU) mit Blick auf den Etatentwurf, den der Rechtssenat gestern beschlossen hat. Das heißt zum Beispiel, dass die im Wahlkampf und in den Koalitionsvereinbarungen fest versprochene Absenkung der Elternbeiträge bei der Kindertagesbetreuung auf unbestimmte Zeit verschoben sind. Geopfert den Mehrausgaben bei Polizei, Staatsanwaltschaft und Verfassungsschutz. „Dies ist ein Haushalt, der sich an den Bedürfnissen der Bürger orientiert“, sagt Peiner dazu.

Das 18 Milliarden Mark-Paket, das er gestern vorstellte, ist ein Haushaltsentwurf, der vor allem die Ausgaben bei der Sozialpolitik herunterfährt. So werden zehn Millionen Mark bei der Sozialhilfe eingespart – zu diesem Zweck sollen die Bezirksämter zu einer „möglichst effektiven“, sprich rigiden Steuerungspraxis der Sozialhilfe angehalten werden. Die Arbeitsmarktpolitik erhält 20 Millionen Mark weniger – dies wird insbesondere bei ABM exekutiert, die nach dem Willen von CDU-Wirtschaftssenator Gunnar Uldall um mindestens ein Viertel schrumpfen.

Bei Projekten, die staatliche Fördermittel erhalten, ist eine generelle Sparquote pro Ressort von drei Prozent vorgegeben – dies trifft vor allem die von der Sozialbehörde geförderten Projekte. Das Zuwendungswesen der alten BAGS war der CDU stets ein Dorn im Auge gewesen und eng mit dem Filzvorwurf verknüpft worden. Dementsprechend ist die Kritik der Opposition. „Die Sozialhilfe und die Förderung sozialer Projekte werden zum Steinbruch einer konzeptionslosen Finanzpolitik“, schimpft SPD-Fraktionschef Uwe Grund, der speziell auf dem gebrochenen CDU-Wahlversprechen herumreitet, auf eine Neuverschuldung zu verzichten. Tatsächlich hatte die CDU wiederholt angekündigt, keine neuen Kredite aufzunehmen. Peiner musste kürzlich einen Rückzieher verkünden und das mit Steuerausfällen und der schlechten Konjunktur begründen.

Auch gestern trat der Finanzsenator dem rot-grünen Senat noch nach: Die Haushaltsbilanz nach Rot-Grün sei „ernüchternd“, mit dem Verkauf von Staatsvermögen zum Stopfen von Schuldenlöchern habe sich die Stadt „den Ast abgesägt, auf dem wir alle sitzen“.

Stattdessen sägt der Senat lieber die eigenen Ankündigungen ab: Neben der gestrichenen Kita-Beitragssenkung fallen auch die zusätzlichen Leistungen im Bil-dungssektor, den der Senat als einen der Schwerpunkte ausgemacht hat, weit bescheidener aus als versprochen. Sechs Millionen Mark gibt der Senat zusätzlich für Bildung aus, bislang war von der doppelten Summe die Rede gewesen.

Peiner vertröstet jetzt aufs folgende Jahr, schließlich habe man für die Aufstellung dieses Haushaltes „nur einen sechswöchigen Willensbildungsprozess“ zur Verfügung gehabt: „Die durchgreifenden strukturellen Veränderungen müssen dann eben 2003 geschehen.“