Haider schießt quer

Der Kärntner Landeshauptmann verweigert trotz eines Urteils mehr zweisprachige Ortstafeln in Österreich

WIEN taz ■ Nicht mehr, sondern weniger zweisprachige Ortstafeln soll es in Kärnten geben, versprach Jörg Haider. Der Landeshauptmann denkt nicht daran, ein letzte Woche ergangenes Urteil des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) anzuerkennen. Statt 25 Prozent Minderheitenanteil sollen 10 Prozent für zweisprachige Beschilderung reichen. Haider forderte am Wochenende den Rücktritt von VfGH-Präsident Ludwig Adamovich, der mit Sloweniens Präsident Milan Kucan konferiere, aber ein Gespräch mit ihm abgelehnt habe. „Der soll mich gern haben“, konterte der Angegriffene im Standard. Mit Haider habe er vor seinem Treffen mit Kucan gesprochen. Um Ortstafeln sei es nur im Gespräch mit Haider gegangen.

Schon droht ein Ortstafelstreit, der vor 30 Jahren zwischen radikalen Deutschkärntnern und Aktivisten der slowenischen Minderheit teilweise gewälttätig ausgetragen wurde, wieder aufzuflammen. In der Volkszählung von 1991 bekannten sich 21.191 Österreicher zur slowenischen Volksgruppe. Nach Schätzungen der Minderheitenvertreter leben in Kärnten zwischen 35.000 und 50.000 Slowenen. Kärntens FPÖ-Vorsitzender Martin Strutz sekundierte die Idee seines Chefs, eine Volksbefragung anzusetzen. Für Bernard Sadovnik, Chef des Rates Kärntner Slowenen, ist das ein Spiel mit dem Feuer: „Was will man mit der Volksbefragung erreichen? Dass man die nationale Frage wieder polarisiert?“ Verfassungsrechtliche Einwände gibt es auch. Die Ortstafelfrage ist Bundessache und kann nicht von einem Bundesland im Alleingang entschieden werden.

In Wien löst die Aufregung in Kärnten vorwiegend Kopfschütteln aus. SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Andrea Kuntzl warf Haider „Cäsarenwahn“ vor und forderte ein Machtwort des Bundeskanzlers. Der hütete sich, Haider zu verärgern. Er bekräftigte: „Ein Höchstgerichtsurteil ist voll zu respektieren“, vertröstete jedoch auf eine Konsenskonferenz Mitte 2002, wenn die Volkszählung vom vergangenen Mai ausgewertet sei. Die Rücktrittsforderung an den VfGH-Präsidenten wies er zurück.

Weniger distanziert wird die Sache von den Parteiführern in Klagenfurt gesehen. Der Kärntner VP-Chef Georg Wurmitzer will das gesamte Volksgruppenpaket neu verhandeln. Er kann sich für Haiders Angebot erwärmen, den Verzicht auf zusätzliche Ortstafeln mit einem Verzicht auf Kürzungen von Subventionen für Schulen, Kindergärten und Medien der Volksgruppe zu belohnen. RALF LEONHARD