Die alkoholische Gärung zum Vierten

■ Zwei Klassiker im Altonaer Theater: Edgar Bessen und die Feuerzangenbowle

Ab morgen ist es wieder so weit, das Altonaer Theater zeigt Die Feuerzangenbowle. Die Geschichte ist bekannt: Ein offiziell erwachsener Schriftsteller geht noch einmal zur Schule und mischt den Laden kräftig auf, jedenfalls nach den Maßstäben der vierziger Jahre. Als harmloser Unterhaltungsstreifen in Kriegszeiten diente die Verfilmung des Romans von Heinrich Spoerl mit Heinz Rühmann. Heute haben die Schulen mit ganz anderen Prob-lemen zu kämpfen. Die Komik der Feuerzangenbowle scheint resis-tent dagegen. Vielleicht, weil sie damals wie heute einem Bedürfnis nachkommt: dem nach harmloser Unterhaltung.

Im vierten Jahr wird die Feuerzangenbowle jetzt im Altonaer Theater gezeigt. Franz-Joseph Dieken spielt den Pfeiffer. Im Klassenzimmer treibt er den Professor Crey zur Verzweiflung, den autoritären der von Spoerl beschriebenen Lehrertypen. Der Professor wird jetzt zum dritten Mal von einem Schauspieler gespielt, der mit Hamburgs Theatern ungefähr so verbunden ist, wie Heinz Rühmann mit dem deutschen Film der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts: Edgar Bessen.

„Den Schnurrbart habe ich mir extra für das Stück wachsen lassen“, offenbart der Schauspieler bei einem Gespräch im Altonaer Theater. „Da muss ja die Schulrätin dran ziehen.“ Auch sonst muss an diesem Haus jeder mit anpacken, zum Beispiel auf seine Kosüme selbst aufpassen. Während der Zuschauerraum frisch renoviert ist, sind die Räumlichkeiten hinter der Bühne nach wie vor eng.

Im Foyer des Theaters setzen wir uns ins Cafe. Bessen erzählt von all den Stücken, in denen er schon gespielt hat. Erst war er lange Jahre am Ohnsorg-Theater. „Da habe ich die jungen Naturburschen gespielt.“ Dann wollte er mal was anderes machen und wurde freier Schauspieler. Bei Gerda Gmelin im Theater im Zimmer hat er seine ers-te Vaterrolle gespielt: Einen Mann, der seine Familie quält und von seinem Sohn erstochen wird. In den neunziger Jahren war er noch einmal fest in einem Ensemble, dem des Thalia Theaters. Dort hat er viele kleinere Rollen gespielt. Bei seinem Auftritt in Platonov hat ihn vor allem die fast leere Bühne beeindruckt: „Das war ein tolles Gefühl, wenn man da raustrat.“

Immer wieder kollidierten seine Engagements mit anderen Projekten. „Ich war zum Beispiel der erste Assistent von Manfred Krug als Tatort-Kommissar.“ Die Drehzeit der zweiten Folge überschnitt sich mit Theaterauftritten, Bessen wurde ersetzt. Die Rolle des Professor Crey wollte er eigentlich auch schon zur Premiere spielen, doch das war noch in seinem letzten Jahr beim Thalia. Seit 1999 ist Bessen wieder frei unterwegs, will nur noch Stücke spielen, „die ihm Spaß machen“. Er wolle nicht immer der Gesellschaft den Spiegel vorhalten, sagt er. Am Altonaer Theater spielt er dennoch gerade ein Stück mit kritischem Potenzial: Josef und Maria von Peter Turrini.

Die Wiederaufnahmeproben für die Feuerzangenbowle finden in einem Gemeindesaal statt. Bis zur Premiere bleibt nicht viel Zeit. Regisseur Axel Schneider geht deshalb schnell von der Lese- zur Stellprobe über. Erinnerungsarbeit: Wer ging wie über die Bühne? Bessen mischt sich ein, macht Vorschläge.

Das Ganze erinnert in seiner unfreiwilligen Komik sehr der Lehrerkonferenz, die dargestellt werden soll. Vollends verloren geht die Trennung, als Schneider den witzelnden Bessen zurechtweist: „Sie sind albern, Edgar.“ Der Angesprochene scheint ganz in seinem Element. Endlich wird das Video vom letzten Jahr zu Rate gezogen. Das Ergebnis ist bei der Premiere am morgigen Freitag zu bestaunen.

Christian Rubinstein

21.-23. sowie 26., 28.+29. 12., 20 Uhr, Altonaer Theater