Hinterm neuen Deich

■ Des toten Hauke Haiens Tochter

Ihre Sprache ist so karg wie das Land und dessen Bewohner. In Nordfriesland eben lassen Andrea Paluch und Robert Habeck, beide knapp über 30 und wohnhaft „jenseits von Flensburg“, in ihrem ers-ten Roman zwei Menschen nach ihren Wurzeln suchen. Iven Johns, der Türsteher von der Reeperbahn, der Knecht beim Deichgrafen Hauke Haien war. Und Elisabeth Schmidt, die 19-jährige Hamstermörderin aus der betreuten Wohngruppe in Bergedorf, die Iven vor 15 Jahren zuletzt gesehen hatte. Damals, als er Haiens kleine Tochter Wienke vor der Flut gerettet und im Waisenhaus abgegeben hatte.

Unvermutet ist sie jetzt voller Fragen bei Iven aufgetaucht, ebenso unvermutet brechen die beiden gescheiterten Existenzen in das neue Dorf am neuen Deich ein und in das Leben von Menschen, die auch Wienke für ertrunken hielten und den Tod ihres Vaters keinen Wellenschlag lang bedauerten. Und die sich nicht erinnern wollen an die Nacht, in der der Deichgraf ertrank, und an die Rolle, die sie selbst dabei spielten.

Die überzeugende Fortsetzung von Storms Schimmelreiter spielt in den 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts. Und sie spielt mit der Frage, wie Gewalt entstehen kann. Und keins der kargen Worte ist zuviel, aber auch keins zu wenig. smv

Andrea Paluch, Robert Habeck: Hauke Haiens Tod, S. Fischer, 255 Seiten, 36,97 Mark