Die Bayern schlagen reicht nicht

Hertha BSC wirft Trainer Jürgen Röber raus, aber nicht sofort. Der findet seine Kündigung voll in Ordnung, obwohl er sie nicht ganz versteht. Manager Hoeneß lobt die erfolgreiche Zusammenarbeit und den „Sieger“ Röber. Noch Fragen?

Er ist ein guter Trainer. Doch er ist nicht gut genug für die Kicker von Hertha BSC. Aber ganz so schlecht, ihn gleich zu feuern, ist Jürgen Röber auch wieder nicht. Wer daraus schlau werden will und zugleich die am Mittwoch gemeinsam von Hertha-Manager Dieter Hoeneß und Röber verlesene „Erklärung“ studiert, muss zu dem Schluss kommen: Im Fußball, wo alles ganz einfach ist, wo das Runde ins Eckige muss und der Trainer fliegt, wenn dies nicht geschieht, gilt ab jetzt wohl das Gegenteil. „Wir sind davon überzeugt“, bekundeten scheinbar widerspruchresistent Röber und Hoeneß, „dass eine langjährige, erfolgreiche Zusammenarbeit auch erfolgreich und harmonisch beendet werden kann.“ Müßig zu berichten ist es da, dass gestern Röber „voll hinter“ seiner Kündigung zum 30. Juni 2002 stand und Hoeneß möchte, dass „sein Freund Jürgen Hertha BSC als Sieger“ verlässt.

Verkehrte Welt bei Hertha, wo Angestellte sich über ihren Rausschmiss freuen und erst mal bis zum Saisonende weitermachen, als wäre überhaupt nichts passiert? Jawoll! Denn bei den Blauweißen ist das der Normalfall. Man ist am Mittwoch also gar nicht aus der Rolle gefallen. Denn war es mit Röber und der „alten Dame Hertha“ nicht immer so? Kaum hatte der Trainer vor fünf Jahren die zweitklassige Hertha BSC ins Oberhaus der Fußballbundesliga geführt, forderte das damalige Vorstandsmitglied Robert Schwan einen „richtigen Trainer“. „Röber entlassen“, murrten im zweiten Jahr der Bundesligazugehörigkeit gleich mehrfach das Präsidium, der Vorstand und die Yellow Press, obwohl der Übungsleiter die im Umbruch befindliche Mannschaft auf einem soliden Niveau stabilisierte.

Der Klub wollte mehr, und Röber hat sich brav daran gehalten: Erst mit ein paar guten Spielerzugängen wie Sebastian Deisler, Darius Wosz oder Ali Dai, dann mit einem Spitzenplatz in der Liga und dem Erreichen der Zwischenrunde in der Champions League. Genutzt hat’s ihm nichts. Die „Trainerfrage“ kochte in regelmäßiger Reihenfolge hoch. In Sicherheit bringen konnte sich Röber auch nicht mit einem festen Standbein im Verfolgerfeld des FC Bayern München und der Teilnahme im Uefa-Cup in der letzten und auch in dieser Spielzeit – trotz der Invalidität der halben Mannschaft oder den Verkäufen wie denen von Wocz und Deisler. Warum ist das bei der Hertha so irre, fragt sich der Rest der Fußballnation.

Gestern hat Röber eine Erklärung für das Paradoxon gegeben und fand die Chose sogar noch zum Lachen. „Schön“ fand er die Zusammenarbeit mit dem Verein, der ihn bereits im Sommer fallen ließ. Sehr gut habe das Tandem Hoeneß/Röber gewirkt, trotz der „Brandreden“ von Hoeneß nach der 0:4-Schlappe in Hamburg. Und nur mit „überdurchschnittlicher Leistung“ war es immer gelungen, nach den Niederlagenserien „die Kurve zu kriegen und auf Erfolgskurs“ umzusteuern. Die Bayern und Leverkusen wurden geschlagen. Und weil es nicht umgekehrt gelaufen ist, muss man sich nun „neu orientieren“. Noch Fragen?

Wenn Röber nun bis zum Saisonende auf der Trainerbank Platz nimmt, beschreibt das genau die verrückte Lage, die Röber und Hertha ausmachen: Schuld hat der Trainer, auch nach siegreichen Spielen. ROLA