Uninformiert und damit rechtlos

Polizeiliche Definitionsprobleme bei Zwangsprostitution und Menschenhandel  ■ Von Elke Spanner

Was unter Menschenhandel zu verstehen ist, ist eine Frage der Definition. Offenbar klafft die der „Koordinierungsstelle gegen Frauenhandel (Koofra)“ mit der Definition auseinander, welche die Polizei bei ihren Ermittlungen zugrunde legt. Deshalb kommt es immer wieder vor, dass Koofra vor einer Großrazzia in Zusammenhang mit Menschenhandel und Prostitution nicht informiert wird – und den dabei festgenommenen Frauen keine Hilfe bieten kann. Das ergibt sich aus der Antwort auf eine Senatsanfrage der SPD-Abgeordneten Britta Ernst.

Seit 1997 gibt es in Hamburg ein Konzept zur Bekämpfung der „Modellprostitution“. Das beinhaltet die Möglichkeit für ausländische Zwangsprostituierte, in ein Betreuungsprogramm des Landeskriminalamtes (LKA) aufgenommen zu werden. Um im Prozess gegen ihre Zuhälter aussagen zu können, bekommen die Frauen für dessen Dauer eine Duldung. Alternativ können sie zunächst eine vierwöchige Bedenkzeit in Anspruch nehmen. Während dieser Zeit werden die Frauen durch Koofra betreut.

Das setzt voraus, dass Koofra im Vorfeld von Razzien erfährt und einen „Bereitschaftsdienst“ garantieren kann. Normalerweise, so Koofra-Koordinatorin Ulrike Gatzke, funktioniert das auch gut. Ein Pro-lem ergibt sich aber daraus, dass Koofra nur für Menschenhandel und nicht für ausländische Prostituierte zuständig ist, die legal hier leben. Einerseits ist das so erwünscht, denn „unserer Ansicht nach muss es möglich sein, dass MigrantInnen auch legal hier in der Prostitution arbeiten können“. Andererseits aber gibt es immer wieder Fälle, in denen „das LKA keine Anhaltspunkte für Menschenhandel sieht, wo wir welche erkennen würden“, so Gatzke. Denn „wer migriert ist und unter einem Zuhälter arbeitet, wird auf jeden Fall ausgebeutet“.

Vielen der Frauen wird der Kontakt zu Koofra aber vorenthalten. Im Jahr 2001, so die Senatsantwort, hat dann auch keine einzige Frau die vierwöchige Bedenkfrist in Anspruch genommen.