„Wer braucht diesen Schrott?“

Ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, in dem der Anzeigenmarkt für IT-Magazine schwächelt, erscheint das neueste Projekt des Heise-Verlags. „emos“ will bunten Lifestyle mit grauer Computer-Kompetenz verschmelzen und geizt nicht mit Selbstironie

von ELMAR KOK

Experimente zu Weihnachten – warum nicht? Und so setzte der Heise-Verlag auf den Dezember als Testmonat für ein neues. Das für seine hohe Kompetenz im IT-Bereich und krude Titel bekannte Haus blieb sich treu: Zu den Computer-Zeitschriften iX und c’t stößt jetzt emos. Zunächst allerdings nur in den Testgebieten Berlin, Düsseldorf, Hamburg, München und im Saarland.

emos will Lifestyle ins Computergraubeige bringen – und endet als Potpourri aus Produkttests, technischer Hilfestellung und Reportage-Glamour – über den Internetknotenpunkt Ostfriesland zum Beispiel.

Zwar sind die Bedingungen im Zeitschriftenmarkt alles andere als günstig für Neueinsteiger, doch emos soll sich ab Februar 2002 monatlich bundesweit beweisen. Und mit ähnlichen Magazinen wie Tomorrow (Milchstraße), connect (Motorpresse) und online today (Gruner + Jahr) um Anzeigenkunden konkurrieren. Dabei schrumpft in diesem Segment der Werbemarkt seit Monaten. Doch bei Heise arbeiten Optimisten: emos-Chefredakteurin Nicola Hahn erwartet den Break-Even schon für das dritte Erscheinungsjahr. Bis dahin haben die frühere Textchefin der Freundin und ihre 14-köpfige Redaktion Zeit, die Zielgruppe („emos ist das Magazin für ein bewegtes Leben“) von ihrer Kompetenz zu überzeugen – oder eine andere zu finden.

Jörg Keimer, Leiter des Anzeigenmarketings beim Spiegel-Verlag, der den Anzeigenverkauf für emos übernommen hat, setzt auf „20-bis-39-Jährige, die innovationsfreudig, gebildet und einkommensstark sind“. Für diese Zielgruppe böten Handys, Laptops oder Palms wichtige Hilfsmittel „um den Alltag individuell zu gestalten und sich zu informieren“. Der Blick ins Hilfsmittel aus Heise-Papier macht vor allem eins deutlich: Menschen die bewegt leben, glaubt emos, machen gleichzeitig noch etwas: shoppen. Deshalb stellt emos dem Leser gern neue Produkte vor und gibt ihm Ratschläge an die Hand, wie er lange Freude an seinen Neuerwerbungen hat: „Vorsicht fette Beute (. . .) – wie Sie sich vor miesen Klau-Maschen schützen können.“

Das emos-Einführungsheft überascht allerdings mit ziemlich ähnlichen Produkttests wie die Dezember-Ausgabe von Heises c’t. Doch keine Spur von Synergieeffekten: „Die Redaktionen führen ihre Produkttests unabhängig voneinander und mit unterschiedlicher Ausrüstung durch“, sagt Nicola Hahn. Und bei emos stehe in erster Linie der Anwender im Mittelpunkt.

Manchmal sogar doppelt: Im Heft findet sich ein Test von vier Auto-Navigationssystemen, weiter hinten steht eine Reportage über die Fahrt mit einem navigationsgesteuerten Porsche durchs schöne Badener Land. Dessen Navigationssystem wird über den grünen Klee gelobt, taucht aber im Test selbst nicht auf.

Mangelnde Technikkompetenz werfen die Nutzer der etablierten online-Angebote des Verlages (www.heise.de) dem Magazin vor – und wollen nicht recht an den Erfolg glauben: Nachdem emos im Netz vorgestellt wurde, hagelte es im Forum harsche Kritik. Möglich, dass aus diesem Grund die emos-Hompepage nicht per Link von der Heise-Site zu erreichen ist. Aber auch das Magazin ist nicht so leicht zu finden: In Berliner Kiosken wurde es häufig bei den Frauenzeitschriften einsortiert, schließlich ziert den Titel eine junge Dame mit einer Digitalkamera.

Brauchbare Hilfestellung zum Umgang mit dem Magazin gibt dagegen die emos-Kolumne, für die der Kabarettist Dieter Nuhr verantwortlich ist. Unter der programmatischen Überschrift „Wer kauft eigentlich diesen Schrott?“ steht da: „Seien wir dankbar, wenn etwas unerwartet funktioniert, und haben wir Geduld mit der Normalität des Versagens.“