Unentschlossen

■ Wenig stringentes Ethnien-Panorama: Der Band „Feste in Hamburg“

Über Hamburg schreiben? Noch mehr? Ist doch schon alles geschrieben, gedacht, gesehen: Hamburg zu Fuße, per Rad, für Kinder, für Senioren, bei Tag und bei Nacht. Da kann unmöglich noch irgendwas anzumerken übrig bleiben, da muss jeder Versuch, weiteres wahrhaft Neues über die Hansestadt zu sagen, im schal-Abgeschriebenen steckenbleiben.

Und doch haben es Texterin Ariane Gottberg und Fotografin Gesche Cordes gewagt, eine weitere Facette zwischen broschierte Buchseiten zu pressen: Feste der Welt in Hamburg lautet der Titel des in diesem Jahr edierten Bandes, Ergebnis einer einjährigen Recherche auf den Spuren in Hamburg lebender Angehöriger verschiedens-ter Nationen. Eine schwierige Aufgabe, waren sich die Autorinnen doch nicht immer darüber im Klaren, ob sie folkloristisch oder informativ sein wollen.

Entsprechend vielgestaltig sind die Fotos und Textbeiträge: Feste von rund 40 ethnischen Gruppen werden in dem Band vorgestellt, darunter das islamische „Fastenbrechen“ und das Purim-Fest der jüdischen Gemeinde und das kurdische Neujahrsfest. Aber auch Ereignisse, von denen nur wenige wissen, finden sich in dem Band – etwa das lateinamerikanische Fußballturnier, das seit 1990 einmal jährlich auf dem Julius-Sparbier-Sportplatz stattfindet. Und wer weiß schon, was es mit dem japanischen Mädchenfest namens Hinamatsuri, auf sich hat, in dessen Mittelpunkt ein Puppen-Kaiserpaar steht, das Mädchen mit der japanischen Etikette vertraut machen soll?

Doch auch gesellschaftskritische Feste präsentiert der Band – etwa den Blackwomen Kulturtag, das Festival der Frauen von der Elfenbeinküste: Ein Theaterstück über die Polygamie stand dort zum Recherchezeitpunkt auf dem Programm, in dessen Verlauf sich die drei Frauen schließlich gegen ihren Mann verbünden und ihn in die Wüste schicken.

So weit, so vergnüglich. Bedenklich wird die Berichterstattung allerdings dann, wenn die Autorin anfängt, West-Klischee zu bedienen und von der Sinnenfreudigkeit afrikanischer Gottesdienste zu sprechen. Recht beliebig wirken auch die Aussagen in Hamburg lebender Ausländer, die dann und wann in die Texte geflochten wurden und im Allgemeinen darauf zielen, trotz deutschen Passes eigene Identität zu bewahren. „Ich bin Koreanerin, und das wird immer so bleiben, denn dort habe ich meine Wurzeln“, sagt etwa – wenig überraschend – eine Koreanerin.

Der Sinn all dieser Feste, auch kein Recherche-Novum: die Aufrechterhaltung des Bewusstseins für die eigene Geschichte. Uralte kaukasische Lieder will etwa der aus Tiflis angereiste Chor bewahten, der zu den georgischen Kulturtagen der Deutsch-Kaukasischen Gesellschaft angereist ist.

Seit dem 16. und 17. Jahrhundert leben auch Portugiesen in Hamburg, einst als sephardische Juden vor der Inquisition geflüchtet und seit 1962 als (damals erste) Gastarbeiter neu in der Stadt präsent. In St. Georg begehen sie ihre jährliche Parade zum portugiesischen Kulturfestival. Rund zehntausend Portugiesen leben heute in Hamburg.

Einen einigermaßen unverbindlichen Rundgang durch in Hamburg lebende Nationen und ihre Feste bietet das Buch, dessen Texterin mal diesen, mal jenen fragte, ohne ein erkennbares Rechercheprinzip zu verfolgen; Motto: immer schön an der Oberfläche bleiben!

Petra Schellen

Ariane Gottberg (Text) und Gesche Cordes (Fotos): Feste der Welt in Hamburg. Hamburg: Verlag Die Hanse 2001, 126 Seiten, 39,80 Mark.