König des Kasseler Urwalds in Bremen

■ King Khan & His Sensational Shrines boten im Lagerhaus schweißtreibende Performance

Bevor der selbsternannte „King Of The Jungle“ mit seinem Gefolge, zu dem immerhin auch ein Tarzan im Lendenschurz gehört, die Bühne betrat, spielten am Donnerstag im Lagerhaus noch die Snake Skin Boots ihre unterhaltsame Mixtur aus Fremdkompositionen aus dem Fundus des Rock'n'Roll und eigenen Songs, die sich bruchlos ins Programm einfügen. „Ace Of Spades“ (Motörhead) in einer Rockabilly-Version mit integrierten „Ghostriders In The Sky“, Billy Idols „White Wedding“ und die grandiose Gene-Pitney-Schnulze „Backstage“ wurden spielfreudig kredenzt.

Als King Khan & His Sensational Shrines die Bühne betraten, gab es erstmal viel zu sehen. Kaum zu glauben, dass so eine Band ausgerechnet aus Kassel kommt. Ein indischer Sänger mit Pickelhaube über dem Haarhelm und einem teuflischen Voodoo-Stab, ein schwarzer Perkussionist, ein beleibter Schlagzeuger, dessen Gesicht von einem ausladenden Vollbart fast gänzlich verborgen wurde, zwei Bläser, Bass und Gitarre, sowie der eingangs erwähnte Tarzan, der für wirklich ergötzliche Schrei- und Tanzeinlagen sorgte.

Die Shrines spielen einen rauen Rhythm'n'Blues, während King Khan das James-Brown-Erbe verwaltet, allerdings eher gebrochen, wie es Ian Svenonius ehedem bei Make Up tat, dem er überdies stimmlich verblüffend nahe kommt.

Die schon gnadenlos überrissene Performance des Originals, Ekstase und Prediger-Pose, werden beherzt noch um ein paar Ecken weitergedacht. So gelang King Khan & His Sensational Shrines mit schweißtreibender Performance, Gang ins Publikum, Kniefall, manischem Blick und den Insignien seiner Macht gar das kleine Kunststück, beim leider nur maßvoll zahlreich erschienenen Publikum Funken der Begeisterung zu schlagen.

Die Botschaft heißt Liebe, allerdings ganz hedonistisch und gegenwärtig, also: Sex. Auch das haben sie mit The Make Up gemeinsam, nur ist das bei King Khan nicht Teil eines mehr oder weniger wirren Konzenptualismus sondern schlicht die ironische Übersetzung des ästhetischen Genusses in die Gegenwart, die Freude an der Megalomanie eines James Browns, an der überbordenden Vitalität jener Musik, bei der Khan wildert: Funk, R&B, Soul und Garage.

Der Blick auf das Merchandising der Band machte deutlich, dass es in diesem Zusammenhang um mehr als die Musik geht: Handtücher mit Aufdruck, Küchenwischtücher und sogar eine Bananenschale mit Aufschrift lagen neben den üblichen Produkten, wie Tonträgern und T-Shirts. Die Grundsäulen von Jugendkultur: Sex und Stil, oder wahrscheinlich doch eher andersrum, weil notfalls auch mal der Sex fehlen darf, der Stil aber nie und nimmer.

Andreas Schnell