Kriegsgrüße aus der Klinik

Freie Universität will sich mit allen Mitteln gegen rot-rote Pläne wehren, die Franklin-Klinik zu degradieren. Hochschulen warnen vor massivem Schaden für den Wissenschaftsstandort Berlin

von SABINE AM ORDE

Die Freie Universität (FU) hat dem künftigen rot-roten Senat den Kampf angesagt. „Wir werden die Absicht, unser Universitätsklinikum zu schließen, verhindern“, sagte FU-Präsident Peter Gaehtgens am Freitag offensiv. Er kündigte eine öffentliche Kampagne und juristische Schritte gegen die Pläne von SPD und PDS an. Diese hatten in ihren Koalitionvereinbarungen am frühen Donnerstagmorgen beschlossen, dem Universitätsklinikum Benjamin Franklin (UKBF) in Steglitz seinen Status als Unikrankenhaus zu entziehen. Die Klinik soll in ein normales Regionalkrankenhaus verwandelt und ihre Privatisierung geprüft werden (siehe Kasten).

Mehrere hundert Beschäftigte und Patienten protestierten bereits gestern gegen die Schließung der Uniklinik. „Wir werden uns auf ein heißes Jahr 2002 einstellen müssen“, sagte die Vorsitzende des Personalrats, Monika Ziegner. Noch vor der Wahl des neuen Senats Mitte Januar wollen die Beschäftigten zum ersten Mal auf die Straße gehen. Die zuständige Ver.di-Gewerkschaftssekretärin Heike Spies sprach im Foyer des UKBF gestern gar vom „Krieg gegen Rot-Rot“. Unterstützung erhält die FU von den beiden anderen Universitäten den Oppositionsparteien Grüne und CDU sowie Noch-Wissenschaftssenatorin Adrienne Goehler (parteilos). Sie alle lehnen die Schließung der Uniklinik ab.

Die Entscheidung sei politisch unverantwortlich, weil sie zerstörerisch für die Wissenschaftslandschaft Berlins sei, betonte FU-Präsident Gaehtgens. Rot-Rot beschädige die FU massiv, die mit ihrer medizinischen Fakultät den Rang als Volluniversität verliert. „Es geht um die Frage, ob die FU noch konkurrenzfähig ist im Kampf um die besten Köpfe“, so Gaehtgens. Schaden nehme wegen zahlreicher Kooperationen auch der gesamte Bereich der Biotechnologie in Berlin. Genau dies aber seien die Felder, die die wirtschaftliche Perspektive der Hauptstadt bestimmten.

Ähnliche Kritik äußerten auch Humboldt- und Technische Universität. Einen Bruch der Hochschulverträge könne keine der Universitäten hinnehmen, so Kurt Kutzler, Vizepräsident der TU. HU-Präsident Jürgen Mlynek kritisierte die „unangemessene Reduzierung der innovativen Hochleistungsmedizin in Berlin/Brandenburg“. Diese sei schon jetzt pro Kopf der Bevölkerung im Bundesvergleich am unteren Ende der Skala.

SPD-Parteichef Peter Strieder verteidigte den Beschluss. Er betonte, dass 80 Prozent der Medizinprofessoren in den kommenden Jahren altersbedingt ausscheiden würden. Die Entscheidung zur Schließung oder Privatisierung des Klinikums habe deshalb jetzt fallen müssen, da sie nach Neueinstellungen so kaum noch möglich wäre. Nach Strieders Angaben kann der Staatszuschuss für das Klinikum von jährlich 190 Millionen Mark ab 2006 wegfallen. Ferner spare das Land 200 Millionen Mark Sanierungskosten. Strieder räumte jedoch ein, dass dem Land Rückforderungen des Bundes aus dem Hochschulbauförderungsprogramm drohen. Experten beziffern diese auf 150 Millionen Mark.