Auch Strieder hat Fischtage

Bausenator verabreicht die Gräten der Koalitionsbeschlüsse. An der Empfehlung für das Schloss kratzt er auch. Land schreibt Wettbewerb für modernen Entwurf aus

Machen Fisch und Meeresfrüchte streitbar? Lachs, eine Brasse und Muscheln müsse er einkaufen, sagte der Bausenator gestern bei der Presserunde, die zum Koalitionsberichtsfrühstück geladen war. Eigentlich keine so interessante Neuigkeit. Freitag ist bekanntlich Fischtag. Vielleicht mag Peter Strieder aber keinen Fisch. Verabreichte er doch die Gräten der rot-roten Koalitionsbeschlüsse in umso piksenderer Weise. „Es wird weh tun“, die 30.000 Stellen weniger beim öffentlichen Personal bis 2009, Steuererhöhungen, das gekürzte Geld für die Platten- und Altbausanierung und die Zero-Tolerance bei der geplanten Schließung des Benjamin-Franklin-Klinikums und den Verhandlungen mit den Dienstleistungsgewerkschaften. Und zu guter letzt kam noch eine Gräte: Nämlich die für die internationale Schlossplatzkommission aber auch jene für die Fans der Palastes der Republik.

Für Strieder und die rot-roten Koalitionäre stinkt das einseitige Votum der Expertenkommission „Historische Mitte Berlin“ für den Wiederaufbau der barocken Schlossfassade wie ein alter Fisch. So hat es der Bausenator gestern zwar nicht gesagt, aber streitbar gemeint. Denn die Verhandlungsführer von SPD und PDS haben nicht nur gesagt, dass es kein Geld für die Rekonstruktion gibt, sondern man „quer“ zu der Entscheidung pro Schloss liegt, wie Strieder berichtete. Quer liegen heißt: Das Land wird zur Bebauung des Schlossplatzes einen Architektenwettbewerb ausschreiben, „der in Konkurrenz“ zu der „alten“ Variante stehen soll und moderner Architektur eine Chance gibt. Gleich mehrmals und auf Nachfrage von unruhigen Journalisten nahm Strieder das dabei Wort „neu“ in den Mund, was gar nicht fischig klang.

Für den Bausenator und die PDS liegt die Entscheidung für den Architektenwettbewerb aber keineswegs nur darin begründet, dass ein wieder aufgebautes Schloss nicht in die heutige Zeit passt. Vielmehr sind es die Anforderungen der künftigen Nutzer – die Staatlichen Museen und städtischen Bibliotheken –, für die ein Neubau sich eher eignete. Nicht zu vergessen die „Agora“, ein Ort der Begegnung und des öffentlichen Lebens,das sich am Schlossplatz einmal abspielen soll und im Schatten alter Schlossfassaden nicht recht passen würde.

Nicht schlucken will der Bausenator aber auch die Wiedergeburt des Palastes der Republik und dessen „fragwürdige“ Zwischennutzung für Theatergruppen und Rohbauevents der Szene, wie es Kultursenatorin Adrienne Goehler vorgeschlagen hat. Das sei so überhaupt nicht nach seinem Geschmack, ließ Strieder wissen. Und wäre der ehemalige DDR-Volkskammersaal, in dem der Beitritt zur Bundesrepublik entschieden wurde, kein denkmalwertes historisches Erinnerungsstück, auch er müsste in den Orkus der Geschichte.

Das sündige Berlin muss sparen, die barocken Empfehlungen der Schlossplatzkommission werden jetzt erst einmal auf Diät gesetzt ebenso wie die heute schon „bedeutungslos“ gewordenen Schwelgerinnerungen der Ostberliner an den Palast der Republik. Und alles darum, weil es am Freitag immer Fisch gibt. Oder? ROLA