Auf den letzten Drücker

Weihnachtsgeschenke für Leute, die alles haben – einen an der Waffel inklusive

Wer seinen Liebsten dieses Jahr das Haupt von Ussama Bin Laden unter den Weihnachtsbaum legen will, muss sich bloß ins Internet bemühen. Ein amerikanischer Geschenkedienst bietet auf seiner „Christmas-Site“ (www. extraordinary-presents.com) einen bis in die Barthaarspitzen erschreckend perfekt nachmodellierten Kopf des islamischen Topterroristen an. Mit totenstarren Augen, den Mund halb offen, schwimmt der Kopf in einem gläsernen, dezent illuminierten Zylinder, der mit einer blassgelben Flüssigkeit gefüllt ist und einer Stehlampe als Standsockel dient. Der Preis für dieses geschmacklose Ensemble: 1.295 US-Dollar. Nur 695 Dollar kostet Bin Ladens Kopf als Deko-Element, das man sich wie eine waidmännische Jagdtrophäe ins Wohnzimmer hängen kann. Wem das noch zu teuer ist, nimmt die Klobürste mit des Terroristen Kopf als Putzaufsatz (99 Dollar) oder das Schreibtischmodell von Bin Ladens Schädel, in dessen Augen man Bleistifte anspitzen kann (22 Dollar).

Längst hat auch die deutsche Geschenke- und Scherzartikelindustrie den 11. September und seine Folgen thematisch aufgegriffen. Neben einem zerissenen T-Shirt mit den Aufdrucken „I survived September 11th“ oder „Tora-Bora 2001! Ich war dabei!“ (gesehen bei unsinn de luxe, Hamburg), halten die einschlägigen Geschenkehöker etliche Zumutungen für den weihnachtlichen Gabentisch bereit. Die Schneekugel etwa mit dem Foto des einstürzenden World Trade Centers drin (Nuloo-Vertrieb Regensburg; 6,50 Euro/12,90 Mark), das 10.000-Teile-Puzzle „Ground Zero“ (Rügen-Spiele-Verlag) oder „Der persönliche Einberufungsbescheid nach Afghanistan“, den man dem Beschenkten pünktlich an Heiligabend zustellen lassen kann; für das Gelingen dieser Überraschung garantiert die Firma HoFo aus Wiesbaden gegen Zahlung von 142,50 Euro (299,95 Mark).

Der Renner des diesjährigen Weihnachtsgeschäfts ist aber ein armlanger grüner Gummihandschuh. Ein Nachbau jenes eigenartigen Schutzhandschuhs, der aus dem deutschen Spürpanzer „Fuchs“ hinten heraushängt, um dessen Innenbesatzung das Hantieren außerhalb des Panzers zu ermöglichen. Der Wattenscheider Kfz-Ausstatter „AutoKultur“ hat das bizarre Panzerteil nachproduziert und als „cooles PKW-Anhängsel“ auf den Markt gebracht. Nach der Austrahlung eines ZDF-Beitrags über diese neue Version des Fuchsschwanzes explodierte die Nachfrage. Im nächsten Jahr dürfte das TÜV-zugelassene Gummiteil an den Hecks von rund zwei Millionen deutschen Autos baumeln. Stückpreis 16,80 Euro (35 Mark) zuzüglich Installationskosten.

Kaum minder skurril, wenn auch weniger durch die aktuellen Weltgeschehnisse inspiriert, sind die „Last-Minute-Geschenkideen“, die die Berliner Agentur „SurPrice“ exklusiv anbietet. Ihre Attraktion ist eine Gesichterwurst, in die man sein eigenes Porträt einarbeiten lassen kann. Eine neuartige, digitale Wurststopftechnik macht’s möglich: Nach einer Fotovorlage kann aus verschiedenenfarbiger Wurstgrundmasse jedes Gesicht in eine Mortadella, wahlweise Jagdwurst, gestopft werden. „Damit einen der Schatz schon morgens auf dem Brötchen zum Fressen gern hat“, wie die Agentur kalauert. Der Kilopreis allerdings für diese ausgefallene kulinarische Weihnachtsüberraschung beträgt bei einer Mindestbestellmenge von zwei Kilo pro Wurst stolze 64,80 Euro (135 Mark).

Getragen vom derzeit grassierenden Familie-Mann-Fieber, scheint auch der neue Kalender aus der beliebten Reihe „Mannsbilder“ ein echter Weihnachtsknüller zu werden. Stimulanzen 2002 – so der Titel dieses Kalendariums – zeigt eine Auswahl jener pornografischen Fotografien, an denen sich einst Thomas Mann delektierte. Dies wurde erst kürzlich durch eine DNA-Analyse der Originalfotos einwandfrei nachgewiesen. Der ebenso aufwendig wie sorgfältig edierte Kalender ist nicht in jeder Buchhandlung erhältlich und kostet 34,70 Euro (72 Mark).

Unterstützung beim Geschenkefinden bietet auch „Schenkmal“ in Berlin. Das trendige Online-Kaufhaus hat für jeden Geschmack etwas im Angebot. Wie wär’s also zu Weihnachten mit einer Popelwaage oder der Zigarre für Nichtraucher, eine Havanna-Attrappe, die glüht und qualmt wie eine echte – das richtige Geschenk für alle, die trendy sein und gesund bleiben wollen. Nur bei „Schenkmal“ erhältlich ist auch jener Teddy, mit dem einst Harald Juhnke zu telefonieren versuchte. Der Clou daran: Bei diesem Teddy handelt es sich tatsächlich um ein Handy mit der Melodie von „My Way“ als Klingelzeichen und der Stimme Harald Juhnkes als Mailbox-Ansage.

FRITZ TIETZ