pampuchs tagebuch
: Avant-Ski in dem Intanet

Meine Gewährsfrau C. aus Frankfurt meinte, es sei „der Hammer“, was sich am Weihnachtstag in der Mainstadt abspiele. Den Schnee betreffend jedenfalls, den bei ihnen „kein Schwein“ gewohnt sei, sie selbst habe so ein Chaos in ihrem Leben bisher erst einmal erlebt. Das telefonierte sie mir am Heiligen Nachmittag durch, und ich kann mich irren, aber ich meine, fast so etwas wie ein gewisses FlachländerInnenbeben in ihrer Stimme zu hören, wegen der entfesselten Naturgewalten. Immerhin sind ja vor ein paar Tagen 100.000 Leute auf der Autobahn zwischen Berlin und München stecken geblieben, und zwar eine Nacht lang, und da bekommt man schon ein wenig Ehrfurcht vor der weißen Pracht, wenn man aus dem Norden oder Westen der Republik kommt.

 Bei uns in Bayern ist das natürlich ganz anders, da freut man sich und genießt den Schnee, weil er nicht als Bedrohung empfunden wird, sondern als Bereicherung der menschlichen Existenz, als solche empfinden wir das Skifahren nun einmal.

 Als Bereicherung der Bereicherung ist in diesem Zusammenhang der Anschluss nahezu aller alpinen Skigebiete an das Internet zu feiern. Erstmals in meinem Leben will ich einen über Netz angebahnten Skiurlaub machen. Gerade für Spontansportler wie mich, die frühestens Mitte Dezember – wenn es eben langsam kalt wird – an Pisten, Jagatee und derlei zu denken beginnen – ist die elektronische Erfassung jeder Hütte, jedes Hotels und jeder winterlichen Ferienwohnung im gesamten Alpengebiet eine Offenbarung, scheint sie doch eine neue Form von fast ansatzlos durchführbaren Winterreisen zu ermöglichen.

 Voraussetzung für diese Wintersportvariante ist eine Art Avant-Ski am Schirm, das man vielleicht als Pension-Surfing oder Garni-Boarding bezeichnen könnte. Bei dieser Disziplin muss sich der Surfer einfach nur für ein mehr oder weniger eingeschränktes Skigebiet entscheiden, nehmen wir etwa Südtirol. Mit ein paar Klicks wird er sodann schnell auf so etwas wie die Südtirol/Alto Adige Tourism Website www.hallo.com gleiten. Dort lässt er sich mit eleganten Schwüngen durch die wohl präparierten Pisten treiben und entscheidet sich wiederum spontan – geleitet etwa vom Kriterium des Wohlklanges eines Ortsnamen – sagen wir für „Racines“, was einerseits ein bisschen nach französischer Dichtung, andererseits in der deutschsprachigen Variante Ratschings auch nach hübschem, etwas derberem Vergnügen klingt.

 Ist unser Surfer so weit, beginnt das, was man als virtuelles Wedeln bezeichnen könnte. Mit hübschen kleinen Haken klickt er sich nun unter der von der Rubrik „Zimmer frei“ ausgespuckten Liste hangabwärts durch ein Angebot, das durch Veränderung der Auswahlkriterien (Datum, Anzahl der Sterne oder – bei Ferienwohnungen – Sonnen) immer wieder variiert werden kann. Die Liste zeigt vom Luxusschuppen bis zur preiswerten Ferienwohnung alles, gibt Auskunft über Ausstattung, Preis, Service und hat neben Telefon- und Faxnummer immer auch eine E-Mail-Adresse parat, die meistens nur das örtliche Verkehrsbüro erreicht, wo keiner zu erreichen ist.

 Zum endgültigen Buchen sollte man deshalb auf jeden Fall mit dem Telefon arbeiten. Die Belohnung kommt auf dem Fuße. Nach all der Klickerei ist es eine Freude, endlich die kehligen Laute der verschiedenen Hauswirtinnen zu hören, die wahren Naturgewalten der analogen alpinen Welt: „Na, des in dem Intanet stimmt net. ’s is nix frei, rufen S’ doch in ein paar Tagen noch mal an!“ THOMAS PAMPUCH

ThoPampuch@aol.com