Israel und Palästinenser im Gespräch

An der sonst ruhigen Grenze zwischen dem Westjordanland und Jordanien kommt es zu einem bewaffneten Überfall

JERUSALEM taz ■ Bei einem Feuerüberfall auf eine israelische Patrouille an der Grenze zwischen Jordanien und dem israelisch besetzten Westufer ist am Dienstag ein Soldat getötet worden, während vier weitere verletzt wurden. Der Zwischenfall gilt als der schwerste an der Grenze am Jordanfluß, seit beide Staaten im Oktober 1994 einen Friedensvertrag unterzeichneten.

Die beiden vermutlich palästinensischen Angreifer, die allem Anschein nach vom Haschemitischen Königreich aus eindrangen, wurden von israelischen Truppen getötet. Auch die jordanische Armee beteiligte sich an der Fahndung. Beide Seiten dementierten Medienberichte, nach denen israelische Soldaten die jordanische Grenze überschritten haben sollen. Keine Organisation erklärte sich für den Überfall verantwortlich.

Durch gut funktionierende Sicherheitskooperation zwischen Jordaniern und Israelis waren Infiltrationen bisher fast vollständig verhindert worden. Als Staat mit palästinensischer Bevölkerungsmehrheit hält Jordanien ein scharfes Auge auf subversive Aktivitäten, die das eigene Regime gefährden könnten. Intifadageschädigte aus dem Westufer sind nicht willkommen in Jordanien, das seine Grenze für Palästinenser dicht gemacht hat.

Die von Palästinenserführer Jassir Arafat vor zehn Tagen geforderte Waffenruhe war schon am Montag gebrochen worden, als ein Siedler zwischen den Westuferstädten Nablus und Tulkarm aus dem Hinterhalt angeschossen und lebensgefährlich verletzt wurde. Der Siedler schoß zurück und tötete einen der drei Angreifer. Für den Anschlag erklärten sich die El-Aksa-Brigaden der Fatah-Tansim verantwortlich. Sie bezeichneten die Tat als Vergeltung für Israels Weigerung, Arafat die Teilnahme an den Weihnachtsfeiern in Bethlehem zu gestatten.

Trotz internationalen Drucks hatte die Regierung an ihrer Bedingung festgehalten, Arafat müsse zuvor die Mörder von Tourismusminister Rechavam Seevi dingfest machen. Die mit knapper Mehrheit getroffene Entscheidung spaltete die Regierung und rief sogar Kritik von Staatspräsident Mosche Katsav, Oberrabbiner Israel Lau, Likud-und nationalreligiösen Politikern sowie hohen Militärs hervor. Sprecher Scharons bekäftigten, Arafat bleibe weiter in Ramallah festgesetzt.

An der diplomatischen Front kann Außenminister Schimon Peres auf Erfolge hinweisen, nachdem sein in Kontakten mit dem palästinensischen Parlamentspräsidenten Achmed Kreia („Abu Ala“) ausgearbeiteter Friedensplan nachträglich auch von Ministerpräsident Ariel Scharon abgesegnet wurde. Als der Entwurf am Sonntag von Medien veröffentlicht wurde, hatte Scharon ihn zunächst als „illusorisch und schädlich“ gebranntmarkt. Um den Koalitionspartner Arbeitspartei nicht zu verlieren, hatte Scharon einen Tag später zugegeben müssen, über Peres’ Verhandlungen mit der palästinensischen Seite informiert gewesen zu sein.

Der Plan sieht die Ausrufung eines palästinensischen Ministaates in Teilen des Westufers innnerhalb von acht Wochen vor. Danach sollen Verhandlungen über die Zukunft der restlichen Gebiete und der Grenzen auf der Basis der Sicherheitsresolutionen 242 und 338 beginnen.

ANNE PONGER

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