berliner szenen: Kleinvieh und Euros
Inne Haare damit
Für harte Trinker geht dieser Jahreswechsel an die Leber. Durch die Euro-Umstellung ändern sich die Pfandpreise! Ganz schlecht sieht es für Halter dieser doofen großen Plastik-Colaflaschen aus, die jetzt noch 70 Pfennig bringen. Die dürften wohl dummerweise über die Hälfte ihres Pfandwertes verlieren. Also noch heute oder am Montag abgeben! Dafür sollte der Limotrinker mal was Vernünftiges kaufen: Bier. Aber nur in kleinen Flaschen. Die kosten im Moment noch 15 Pfennig, dann aber 8 Eurocent. Was irgendwie mehr ist.
Die SZ hat vor kurzem im Wirtschaftsteil sogar ausgerechnet, wie viele Kisten man aussaufen muss, um auf 10 Mark Gewinn zu kommen. Ziemlich viele. Die Getränkeindustrie hat anscheinend Angst vor Pfand-Hortern. Man behält sich das Recht vor, Leute mit unwahrscheinlich vielen Kisten in nicht haushaltsüblichen Mengen zurückzuweisen. Das wird lustig beim Getränke-Hoffmann. Berliner Alkis, die ihr Pfand nicht zurückkriegen! Viele Säufer werden sowieso den Kürzeren ziehen. Die Pfandpreise für die großen Bierflaschen werden nämlich auf 15 Cent reduziert. Das finde ich als Silvesterfetensponsor ziemlich unfair. Schade, dass die Nachtbusfahrer der BVG keine Flaschen zurücknehmen (sondern nur selber welche sind oder befördern, haha!). Sie sollen nämlich bis Schichtende am ersten Januar nur mit D-Mark hantieren. Wird bestimmt toll, wenn jemand mit seinem allerersten Euroschein im Leben in einen Bus einsteigt und ein Ticket kaufen will. „Dit neue Jeld können se sich inne Haare schmiern“ wird wohl noch einer der milderen Sprüche sein, und dann erst die schlauen Gesichter der Kutscher dazu! Übrigens kostet Schwarzfahren dann nur noch 30 Euro.
ANDREAS BECKER
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