Frauen ins Kinderzimmer

betr.: „Wenn die Familien zerbröseln“, taz vom 27. 12. 01

Harry Kunz’ wenige interessante Diskussionsansätze – bis hin zu Möglichkeiten der Sanktionierung erziehungsunwilliger Eltern – versanden: Die Ganztagsschule sei keine Lösung, weil sie den Nachwuchs nur parkt. Aha! Andererseits aber die Forderung nach verbesserten Betreuungsangeboten. Was denn jetzt?

Die Ursache ist nach Kunz auch ganz einfach: Rot-Grün ist böse und betrachtet die Betreuung von Kindern als nachrangig und beliebig. Hoppla! Da wurden also während der geistig-moralischen Wende konservative Bildungspolitiker von Altachtundsechzigern jahrelang förmlich gezwungen, den Verfall der idealen Großfamilie und Migrationsprobleme zu übersehen. Endlich sagt’s einer!

Immerhin kommt Kunz dann nach einem weiteren Rundschlag gegen versagende Erzieher zur bemerkenswerten Erkenntnis, dass sich nun aber doch etwas ändern muss. Da schau her! So bleibt man angesichts des bildungspolitischen Hinz-und-Kunz’schen Stammtischgeblubbers wenigstens ratlos zurück. Schade um den vertanen Platz. JÖRG TAUSS, MdB,Bildungspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion

Die Pisa-Resultate schockieren die Deutschen und es wird über Fehler und Lösungsmöglichkeiten nachgedacht. Übel stößt mir auf, dass zum einen die Heilserwartungen der Ökonomie, sprich Wettbewerb und Privatisierung, vortrefflich wirken (Leserbrief von Herrn Kullack-Ublick in der taz vom 27. 12.) und zum anderen gesellschaftliche Missstände personalisiert werden, wie Harry Kunz dies kundtat. Wenn der Nachwuchs nicht irgendwo „geparkt“ werden soll, dann erfordert dies eine Betreuung zu Hause. Ohne es direkt zu sagen, schiebt er die Frauen ins Kinderzimmer. (Ich vermute, dass seine vier Kinder in erster Linie von seiner Frau betreut werden.) Und was die Privatisierung betrifft und den Rückzug von „Vater Staat“ aus dem Bildungswesen: Wenn ich mir Privatfernsehen und private Rundfunksender anhöre, dann hat dieser Wettbewerb nur Qualitätseinbußen nach sich gezogen.

CHRISTIANE GRAMMEL, Berlin

Das Interesse der Männer an Vorschul- und Grundschulpädagogik sowie der Rolle des Elternhauses bei der Erziehung und Bildung der Kinder ist seit Pisa auffällig gestiegen.

Kindererziehung in Familien und Institutionen liegt zum größten Teil in Frauenhand. Nur wenige deutsche Männer nehmen Erziehungsurlaub in Anspruch oder reduzieren ihre Berufstätigkeit zu Gunsten der Familie. Selten findet man Männer als Erzieher in Kindergärten und auch in der Grundschule sind männliche Lehrer rar. Na – das kann ja nur schief gehen. Die dummen Gänse lassen die Kindergartenkinder im „endlos freiem Spiel“ verblöden. Wenn Eltern – wie Harry Kunz vorschlägt – stärker in die Pflicht genommen werden sollen, meint er dann wirklich Eltern? Glaubt er allen Ernstes, Väter schlappen zu Elternabenden in die Kindergärten, um sich über Themen wie „Rollenspiel“ oder „Kinderbilderbücher“ zu informieren? Werden es die Väter sein, die zu Elterngesprächen in der Schule zu erscheinen haben?

Ich würde es sehr begrüßen, wenn Männer, Väter wie Pädagogen sich stärker einmischen in diesen wichtigen Bereich der Kindererziehung. In der Praxis werden Männer gebraucht – als Gegenpol zum „ewig Weiblichen“ und zur Entlastung der Frauen. Dann haben die vielleicht auch mal Zeit, kluge Konzepte auszuarbeiten. ANNEGRET HÖVELER, Rheinhausen