Kleinster Nenner in der Mitte

SPD und CDU im Bezirk Mitte vereinbaren punktuelle Zusammenarbeit. Für eine Koalition reicht die Liebe nicht  ■ Von Sven-Michael Veit

Von großer Liebe könne keine Rede sein, sagen die Beteiligten. Aber für eine „gute Sachzusammenarbeit“ würde es wohl reichen, glauben Henning Tants und Eugen Wagner, die Parteivorsitzenden von CDU und SPD im Bezirk Hamburg-Mitte. Zusammen mit Jörg Hamann und Jan-Hinrich Fock, den Fraktionschefs in der Bezirksversammlung, paraphierten sie gestern im Ratsweinkeller eine „Vereinbarung über eine punktuelle Zusammenarbeit“.

Lediglich vier Seiten und vier Abschnitte umfasst das Papier, ansonsten seien die Partner „in ihren Sachentscheidungen frei“. Vereinbart wurde, dass „überflüssige Verkehrsbehinderungen“ abgebaut würden, zugleich sollen „alle Verkehrsmittel gleichberechtigt und gleichwertig“ sein. Das umstrittene Anwohnerparken auf dem Kiez soll dem Urteil einer Bürgerbefragung unterworfen werden. Um „Sicherheit und Sauberkeit“ zu erhöhen, soll ein neuer Ausschuss der Bezirksversammlung Vorschläge sichten und umsetzen.

BewohnerInnen von Bauwagen sind künftig „nicht erwünscht“ und sollen Wohnungen angeboten bekommen, bei der Anbindung der Hafencity dürfe „keine Variante ausgeschlossen werden“ – auch nicht die Stadtbahn, welche der Schwarz-Schill-Senat grundsätzlich ablehnt. „Wir prüfen alles ohne ideologische Vorbehalte“, versichert CDU-Kreischef Tants, der als Bürgerschaftsabgeordneter jedoch die Stadtbahn ablehnen muss. Sein SPD-Pendant Wagner hingegen, der nach fast 19 Jahren als Bausenator nun ebenfalls Volksvertreter ist, hatte die Stadtbahn zu einem seiner Reformvorhaben erklärt.

Darüberhinaus wollen SPD und CDU die Bezirksverwaltung „umfassend modernisieren“ und den SPD-Kandidaten Markus Schreiber am 15. Januar zum Bezirksamtsleiter wählen. Genau daran war am 21. März die Große Koalition geplatzt: Schreiber war damals durchgefallen, weil elf rot-schwarze Abgeordnete ihm ihre Stimmen verweigerten. Die gegenteiligen Schuldzuweisungen zwischen SPD und Union führten zum Bruch. Diesmal sei Schreibers Kür sicher, glauben beide Seiten, die mit 26 Mandaten – 17 SPD und neun CDU – erneut über eine numerisch satte Mehrheit verfügen. Die Opposition bilden zehn Schill-Abgeordnete und fünf Grüne.

Deshalb habe es auch „keine wirkliche Alternative“ zum rot-schwarzen Pakt gegeben, meinen beide Seiten nach Sondierungen „mit allen Fraktionen“. Schwarz-Schill hätte keine Mehrheit gehabt, und für eine rot-grüne Koalition habe die GAL im Bezirk „zu viele Probleme mit pragmatischem Vorgehen offenbart“, so Fock.

Was GAL-Fraktionschef Claudius Lieven zurückweist: „Die SPD hat Schreiber zur Einstiegsbedingung für Rot-Grün gemacht.“ Die GAL hätte dessen Wahl „nur bei einer tragfähigen Vereinbarung“ mitgemacht, die aber sei mit der SPD „nicht zu machen gewesen“. Lieven sagt wechselnde Mehrheiten voraus: „Bei Schule, Jugend oder Beschäftigungsprojekten ist die SPD viel näher bei uns.“