DIE MUSLIMISCHEN DACHVERBÄNDE IN DEUTSCHLAND HABEN VERSAGT
: Klare Distanz zum Kalifat

Die beiden großen Dachverbände der in Deutschland lebenden Muslime haben versagt. Sowohl der Zentralrat der Muslime als auch der Islamrat haben sich davor gedrückt, das Verbot des Kalifatsstaats von Köln ausdrücklich zu begrüßen. Das aber wäre nötig gewesen, um ihrer Behauptung, vollständig verfassungstreu und frei von islamistischen Tendenzen zu sein, Glaubwürdigkeit zu verleihen.

Ihre Entschuldigung ist zudem vorgeschoben: Warum sollte die zugegebenermaßen unsensible Vorgehensweise der Polizei bei der Stürmung des Kalifats den Zentralrat oder den Islamrat daran hindern, das Verbot als solches zu begrüßen? Art und Weise der Umsetzung des Verbots hätten trotzdem kritisiert werden können.

Die beiden Dachverbände haben jedoch aus den Terroranschlägen vom 11. September offenbar die falschen Konsequenzen gezogen. Zwar ist es lobenswert, dass sie bei der Enttarnung von so genannten Schläfern mit den Sicherheitsbehörden kooperieren. Aber die erste Maßnahme hätte sein müssen, den in ihrer Einstellung zum Islam verunsicherten Mitbürgern aufzuzeigen, dass die Verbände die „Anderen“, die „Guten“ vertreten. Und dass sie den Antisemitismus, die Demokratiefeindlichkeit und Integrationsverweigerung des Kalifatsstaats nicht teilen. Das geht aber nur mit einer knallharten und eindeutigen Ablehnung dieser bizarren Organisation, die immerhin Anschläge in der Türkei geplant hat.

Wenn Islamrat und Zentralrat, wie sie behaupten, die Muslime gegenüber der deutschen Öffentlichkeit vertreten, sollten sie sich auch zu einem gewissen Grad an deren Erwartungen orientieren. Die wachsweichen Stellungnahmen zum Kalifatsverbot erlauben erheblich mehr Zweifel an der Ausrichtung der Verbände, als ihnen lieb sein kann. Sinnvoller wäre es, sie trennten sich von solchen Mitgliedern, die ein gespaltenes Verhältnis zur Verfassung haben. Solange sie das nicht tun und daher offenbar nur diffus Stellung beziehen können, bleibt der Verdacht, ihre Bekenntnisse zur Verfassung seien geheuchelt. YASSIN MUSHARBASH